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verschiedene: Die Gartenlaube (1896)

Die Kaiserjacht „Meteor“ im Kieler Hafen. (Zu dem Bilde S. 517.) Schon am frühen Morgen des 19. Juni war es im Kieler Hafen lebendig. Sollte doch an jenem Tage die neue stolze Jacht Kaiser Wilhelms II., die sich bereits beim Wettsegeln im Auslande als der schnellste Kutter der Welt bewährt hatte, zum erstenmal auf heimischen Wellen ihre Riesensegel entfalten.

Es ist bekannt, wie sehr Kaiser Wilhelm II. bestrebt ist, im deutschen Volke das Interesse für die Marine zu wecken und auch alle Leibesübungen zu Wasser, das Schwimmen, Rudern, Segeln zu fördern. Der Kaiser selbst bethätigt sich praktisch auf diesem Gebiete; namentlich im Segeln gilt er als ausgezeichneter Fachmann, und es ist ihm in der That gelungen, in letzter Zeit selbst die im Wassersport so bewanderten Engländer zu schlagen. Zu diesem Erfolge verhalf gerade die neue Jacht „Meteor“. Sie wurde zwar in England gebaut; ihre Konstruktion wurde aber in wesentlichen Teilen nach den Angaben Kaiser Wilhelms ausgeführt. Am 13. Mai d. J. hatte man den „Meteor“ vom Stapel gelassen und schon Anfang Juni trat er zuerst bei der Gravesend-Regatta des „Royal London- Yacht-Club“ zum erstenmal in die Schranken. Unter seinen Rivalen befand sich auch die Jacht „Britannia“ des Prinzen von Wales, die bis dahin als der schnellste Kutter der Welt galt. Es gelang dem „Meteor“ mit Leichtigkeit, seine Partner zu schlagen, und er errang auch am folgenden Tage bei einer Wettfahrt von der Mündung der Themse nach Dover einen neuen Sieg.

Auf dieser in Sportkreisen so rasch berühmt gewordenen Jacht sollte nun der Deutsche Kaiser am 19. Juni in Kiel die erste Regatta in Deutschland mitsegeln. Der Jubel, mit dem der „Meteor“ bei seinem Erscheinen in der blauen Föhrde begrüßt wurde, ist darum leicht erklärlich. In der That machte er einen ausgezeichneten Eindruck. – Die gesamte Fläche seiner riesigen Segel beträgt etwa 12270 Quadratfuß, die Länge in der Wasserlinie 27 m und über Deck 39 m, die Breite am Deck 7,5 m. Der Mast ist etwa 30 m lang. Die Besatzung besteht aus 40 Mann.

Der „Meteor“ hat bei seinem Erscheinen auf der Kieler Regatta bereits fünf in England gewonnene Siegesflaggen geführt, die Zahl derselben ist inzwischen durch neue Erfolge vermehrt worden. Der Ruf des „Meteors“ als schnellste Segeljacht erscheint somit immer begründeter. *  

Das Jung-Bismarck-Denkmal auf der Rudelsburg.

Sammlerfreuden. (Zu dem Bilde S. 521.) Jubelnd war der Hans von dem Ausflug in Feld und Wald heimgekehrt und trug eine Cigarrenschachtel so stolz und fest, als ob ein wichtiger Schatz sich in ihr befände! „Hurra!“ rief er seinen Geschwistern entgegen, „ich hab’s, ich habe es, das längst Gesuchte, das Pfauenauge!“ Wer da weiß, wie brennend die Sehnsucht des Sammlers sein kann und wie groß die Freude über einen neuen längst begehrten Erwerb zu sein pflegt, der begreift die Stimmung des Knaben. Seine Augen können sich kaum satt sehen an der Farbenpracht des endlich erbeuteten Schmetterlings und seine Freude wird durch die rege Teilnahme der Familienmitglieder gesteigert. In alt und jung hat ja Hans ein dankbares Publikum, das seiner neuesten Errungenschaft Bewunderung zollt. Das erhöht dem jungen Sammler die Weihe des Augenblicks. *  

Deutsche Singvögel in Amerika. Als Kolumbus im Jahre 1493 seine zweite Reise nach der Neuen Welt antrat, führte er auf seinen Schiffen allerlei Haustiere und Kulturpflanzen der Alten Welt mit sich. Amerika sandte uns später dafür den Tabak und die Kartoffel. Dieser Austausch zwischen der Flora und Fauna der beiden Welten ist noch nicht gänzlich abgeschlossen, obwohl er heute hauptsächlich nur noch der Liebhaberei des Blumen- oder Tierfreundes dient.

Namentlich den Deutschen in Nordamerika fehlt so vieles, was sie in der alten Heimat liebgewonnen haben. So vermissen sie auch den melodischen Gesang der deutschen Vögel, der Nachtigall Klage, der Lerche Jubeltriller, der Amsel Flötentöne, des Schwarzplättchens Liebeslied und des Buchfinken Schlag, und so suchen sie seit Jahr und Tag deutsche Singvögel in Amerika heimisch zu machen. Dies gelingt aber schwerer, als man glaubt. Namentlich die Zugvögel können sich in die neuen Verhältnisse nicht immer finden. Es ist bis jetzt nur gelungen, den Stieglitz in Boston und New York und an einigen Orten auch die Lerche einzubürgern. Günstiger fiel der Einbürgerungsversuch in Portland im Staate Oregon, also westlich vom Felsengebirge, aus. Wie H. Nehrling in seinem Prachtwerke „Die Nordamerikanische Vogelwelt“ berichtet, ist das dortige Klima ungemein mild. Im Frühling 1889 wurden von dem „Verein zur Einführung nützlicher deutscher Singvögel in Oregon“ etwa dreihundert Pärchen deutscher Singvögel importiert und freigelassen.

Man hat diese Versuche fortgesetzt und wiederholt eine größere Anzahl deutscher Vögel angesiedelt. Mögen sie dort gedeihen und durch ihren Gesang in Garten und Hag die Deutschen jenseit des Oceans erfreuen und in ihnen Erinnerungen an die alte Heimat wecken! C. F.     

Blühende Rosen. (Zu unserer Kunstbeilage.) Von allen Blumen der Welt hat keine so viel Ruhm und Preis erfahren wie die Rose. Als Königin im Reich der Blumen feiert sie die Poesie der alten und neuen Zeit. Als Symbol der Jugend und ihrer Lust hat sie Anakreon wie Hafis verherrlicht und vom zarten Moosröschen bis zur purpurleuchtenden Edelrose ist die farbenreiche Fülle ihrer Arten zu Vergleichen benutzt worden, welche die Liebe für Mädchenanmut und Frauenschönheit ersann. Ihre feurige Farbenpracht und ihr berauschender Duft leuchtet und haucht durch Tausende von Liedern. Keusche Minne wie verzehrende Leidenschaft findet unter den Rosen noch immer die geeignetsten Vermittler, um bildlich anzudeuten, was die Lippe noch nicht zu gestehen wagt. Aber wo immer Rosen blühen, fürchtet man auch den Dorn, der am Stiel unter ihren Kelchen droht, den Dorn, mit dem auch das bescheidene „Röslein auf der Heiden“ sich wehrt, wenn kecke Hand allzu eifrig sich müht, es zu brechen. Da macht erst Erfahrung klug.

Das anmutige Bild von E. von Blaas, das dieser Nummer beiliegt, ruft mit seinem herrlichen prangenden Rosenflor und der schönen Südländerin, die ihn erntet, in dem Beschauer die ganze Poesie wach, welche der Atem blühender Rosen beseelt. Welche Fülle von duftigen Blüten hat die verschwenderische Gunst des Südens über das Säulengerüst dieser Pergola ausgeschüttet! Und als ob sie wüßten, daß ihr schönster Beruf ist, Mädchen- und Frauenstirnen zu krönen, neigen sich die Rosen zu dem dunkeläugigen jungen Weibe geschmeidig und gefällig herab, um sich mit Lust von ihm pflücken zu lassen. Blühende Rosen! Um den Mund der Schönen spielt ein seliges Lächeln – denkt sie der Stunde, da auch ihr eine Rose verkündete, daß sie geliebt sei, geht ihr durch den Sinn eins der Lieder, welche die Wonne in die Welt hinausjubeln, daß noch „die Tage der Rosen“ sind? Der Gefahr, sich an Dornen zu ritzen, beugt sie klug vor, indem sie sich einer Schere bedient. Als sie jünger war, fehlte ihr diese Geduld und da hat auch sie die Schärfe des Dorns gekostet, die für den kleinen Buben zu ihren Füßen das Spiel mit den Rosen zu einem gefährlichen macht. P.      


manicula Hierzu die Kunstbeilage IX: „Blühende Rosen.“ Von E. von Blaas.

Inhalt: Der laufende Berg. Ein Hochlandsroman von Ludwig Ganghofer (7. Fortsetzung). S. 617. – Die kaiserliche Jacht „Meteor“ im Kieler Hafen. Bild. S. 517. – Sammlerfreuden. Bild. S. 521. – Ein Reich, ein Recht! Zur Entstehuugsgeschichte des „Bürgerlichen Gesetzbuchs“. Von Ernst Wichert. S. 522. – Ragaz und die Taminaschlucht. Von Dr. Otto Henne am Rhyn. S. 524. Mit Abbildungen S. 524, 525, 527 und 529. – Fräulein Nunnemann. Erzählung von Eva Treu. S. 528. – Blätter und Blüten: Das Jung-Bismarck-Denkmal auf der Rudelsburg. S. 531. Mit Abbildung S. 532. – Die Kaiserjacht „Meteor“ im Kieler Hafen. S 532 (Zu dem Bilde S. 517.) – Sammlerfreuden. S. 532. (Zu dem Bilde S. 521.) – Deutsche Singvögel in Amerika. – Blühende Rosen. S. 532. (Zu unserer Kunstbeilage.)


Herausgegeben unter verantwortlicher Redaktion von Adolf Kröner. Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig.
Druck von Julius Klinkhardt in Leipzig.
Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1896). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1896, Seite 532. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1896)_0532.jpg&oldid=- (Version vom 13.7.2023)