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Die Gartenlaube.

Beilage zu No 51. 1896.


Der Weihnachtsbüchertisch der Jugend. II. Auf dem heurigen Weihnachtstisch sind neue Werke für die heranwachsende weibliche Jngend reichlich vertreten. Es sind dies zumeist anmutige und durchaus sinnige Erzählungen, von denen wir folgende empfehlend nennen: „Glück auf!“ von Marie Beeg (Stuttgart, Süddeutsches Verlagsinstitut), „Das Waldfräulein“ und „Mädchengeschichten“ von Elisabeth Halden (Glogau, Karl Flemming), „Trostblümchen“ von Martha Giese (ebenda), „Amtmanns Thilde“ von Nanny Necker (Stuttgart, W. Effenberger) und „Erkämpftes Glück“ von A. von der Elbe (Berlin, H. J. Meidinger). Für jung und alt ist dagegen die von warmer Vaterlandsliebe getragene Erzählung „Aus schwerer Zeit“ von Auguste Schmidt (Leipzig, Ferd. Riehm) geeignet, die uns die harte Not der Napoleonischen Herrschaft vergegenwärtigt. In dieselbe Epoche der Erniedrigung und Erhebung Deutschlands versetzen die reifere Jugend zwei Geschichtswerke aus dem Verlage von Ferdinand Hirt & Sohn, Leipzig: „Unter der Geißel des Korsen“ von M. Hübner, mit Illustrationen von A. v. Rößler, und „Luise, Königin von Preußen“ von Brigitte Augusti. Eine anschauliche Schilderung der Stätten biblischer Geschichte bietet der bekannte Missionar und Forschungsreisende Dr. Bernhard Schwarz in dem hübsch illustrierten Büchlein „Palästina für die Hand der Jugend“ (ebenda). Für kleinere, weniger prunkvolle, aber doch gediegene und die Leselust zweckmäßig befriedigende Gaben sind die Bändchen der „Universal-Bibliothek für die Jugend“ (Stuttgart, Union) ganz besonders geeignet. In demselben Sinne kann „A. Köhlers (Dresden) Jugend- und Volksbibliothek“ empfohlen werden. Beide Bibliotheken sind durch neue Bändchen bereichert worden. Zu den Jahrbüchern für die Jugend, die wir bereits früher besprochen haben, gehört auch die „Jugend-Gartenlaube“ (Nürnberg, Verlag der „Jugend-Gartenlaube“). Von dieser reich illustrierten Zeitschrift ist der neunte Band erschienen. „Eine glückliche Familie“ lautet der Titel einer hübschen Geschichte von Tony Schumacher, der Verfasserin von „Mütterchens Hilfstruppen“ (Stuttgart, Levy & Müller). Es wird in derselben Anleitung gegeben, wie Knaben und Mädchen im Haushalte helfen und zum Glück der Ihrigen beitragen können. Ein interessantes Prachtwerk für die reifere Jugend ist das Buch „Unsre Vogel in Sage, Geschichte und Leben“ von A. Carsted, mit Bildern von Fedor Flinzer (Leipzig, Ferd. Hirt & Sohn), während das durch Reime erläuterte originelle Bilderbuch „Ferien der Tiere“ von L. W. Wittich mit Bildern von Karl Wagner (Dresden, C. C. Meinhold & Söhne) für Kinder bestimmt ist. „Kolumbus-Eier“ (Stuttgart, Union) heißt ein Buch, das, von der Redaktion des „Guten Kameraden“ herausgegeben, mit 140 Illustrationen versehen, eine Sammlung hochinteressanter und belehrender Spielereien bietet. Oswald Hancke, Direktor des Großherzoglichen Hoftheaters in Karlsruhe, hat „Die Perlen der Bühne“ in Erzählungen für die Jugend bearbeitet (Stuttgart, Süddeutsches Verlagsinstitut). Wir finden in knappen Erzählungen den Inhalt der beliebtesten Dramen und Opern wiedergegeben. Das originelle Werk ist mit reizenden Farbendruckbildern nach Aquarellen von W. Zweigle geschmückt. Zum Schluß erwähnen wir noch ein Märchenspiel für Kinder „Knecht Ruprecht und der Weihnachtsengel“ von Elisab. Ebeling, illustriert von M. Hohneck (Dresden, C. C. Meinhold & Söhne).

Die Fahrradtaxameterdroschke.
Nach einer Aufnahme von Zander & Labisch in Berlin.

Bilderwerke vom Weihnachtsbüchertisch. Von den Prachtwerken, die sich dieses Jahr neu als Festgeschenk darbieten, haben mehrere die Schilderung schöner Landschaft und des Lebens darin zum Gegenstand. Die hervorragendste Erscheinung dieser Gruppe, die „Hochzeitsreise nach Italien“ von Allers, wurde bereits besprochen. Dem Gesamtgebiete der Alpen ist das gediegene, stattliche Werk „Aus den Alpen“ (Prag, F. Tempsky) gewidmet, dessen ansprechender Text von R. v. Lendenfeld geschrieben ist, während die zahlreichen, künstlerisch reizvollen Illustrationen von E. T. Compton und P. Hey stammen. Von den zwei Bänden umfaßt der erste die „Westalpen“, der zweite die „Ostalpen“. In engeren Grenzen bewegt sich Karl Kollbachs ansprechender Band „Die deutschen Alpen“ (Köln, Neubner); die gutgewählten Abbildungen desselben sind photographischen Ursprungs. Als ein kühner Bergsteiger, der in der Welt der Ferner und Hochgipfel den photographischen Apparat mit künstlerischem Geschmack handhabt, hat sich Theodor Wundt mit seinen „Wanderungen in den Ampezzaner Dolomiten“, die in 2. Auflage vorliegen, einen Ruf geschaffen, der durch seine neue Gabe „Das Matterhorn und seine Geschichte“ (Berlin, R. Mitscher) volle Bestätigung findet. Die herrlichen Ansichten, welche der Band „Das Achilles-Schloß auf Corfu“ von C. Christomanos (Wien, C. Gerolds Sohn) enthält, geben uns einen Vollbegriff von der Schönheit der Insel und des Tuskulums, das sich die Kaiserin von Oesterreich auf ihr errichten ließ. Mit Abbildungen duftiger Aquarelle ist das schmucke Werkchen „Thüringen in Bild und Poesie“ von Lisa Vielitz (Eisenach, Brunner) geziert; die Landschafts- und Architekturbilder sind von Gedichten bekannter Poeten begleitet, welche den berühmten Oertlichkeiten gewidmet sind. – „Den Deutschen Oesterreichs!“ betitelt sich ein Prachtwerk, das ebensosehr seines schönen Inhalts als seiner Bestimmung wegen die wärmste Empfehlung verdient. Es vereinigt hundert wertvolle Studienblätter deutscher Künstler und wurde unter der künstlerischen Leitung Defreggers zu Gunsten des deutschen Studentenheims und des deutschen Vereinshauses in Cilli herausgegeben (München, J. F. Lehmann). Die Einleitung von Heinr. Wastian schildert in warmen Worten den Kampf des Deutschtums in Steiermark. Max Haushofer hat es mit bewundernswertem Geschick verstanden, um die so verschiedenartigen Bilder das poetische Rankenwerk eines erläuternden Textes von innerem Zusammenhang zu flechten. – Der Jubiläumsstimmung, welche der Rückblick auf die Zeit der großen Siege, die zur Gründung des Reiches führten, allüberall, wo Deutsche wohnen, erregte, hat das große Lieferungswerk „Illustrierte Geschichte des Krieges 1870/71“ (Stuttgart, Union) in würdigster Weise Rechnung getragen. In charakteristisch ansprechend ausgestattetem Einband liegt es nun fertig vor. – Ein künstlerisches Unternehmen hohen Ranges, das sich an den gebildeten Kunstsinn wendet, ist das Bilderwerk „Handzeichnungen alter Meister aus der Albertina und anderen Sammlungen“, dessen erster Band, von J. Schönbrunner und J. Meder herausgegeben, bei Gerlach & Schenk in Wien erschienen ist. Die mit feinem Geschmack ausgewählten Handzeichnungen sind in Lichtdruck so ausgezeichnet wiedergegeben, daß sie wie Faksimiles wirken. – „Berühmte Gemälde der Welt“ nennt sich ein stattlicher Sammelband von gut ausgeführten Nachbildungen moderner Gemälde aller Nationen (Leipzig, O. Maier). Die Auswahl des reichen Bilderschatzes ist so getroffen, daß sich ein wahrhaft anmutiger Gesamteindruck ergiebt und der Beschauer zugleich charakteristische Proben der hervorragendsten Maler der Gegenwart kennen lernt. – Mit 30 Dichterbildnissen von Erdm. Wagner geschmückt, empfiehlt sich die Anthologie „Aus tiefster Seele“ von Adolf Bartels (Lahr, Schauenburg) als eine künstlerisch ausgestattete und mit Geschmack ausgewählte Blütenlese deutscher Lyrik. – Nachträglich verzeichnen wir noch den eben erschienenen neuen Roman von Georg Ebers, „Barbara Blomberg“ (Stuttgart, Deutsche Verlagsanstalt), der zur Zeit Karls V. in Regensburg spielt und die bekannten Vorzüge der Ebersschen Darstellungsweise in hohem Grade besitzt. Durch Frische der Empfindung und wahrhaft poetischen Gehalt zeichnen sich die Gedichte „Erlebtes und Erträumtes“ von Franz Bechert (Königsberg, Beyer) aus, dessen kräftiges Talent den Lesern der „Gartenlaube“ durch die Beiträge „Not“ und „Jungwinter“ bestens bekannt ist; auf einen kraftvollen, mannhaften Ton sind auch die „Neuen Lieder“ von August Sturm (Hamburg, Verlagsanstalt, vorm. J. F. Richter) gestimmt, mit denen der Sohn des kürzlich verstorbenen Dichters Julius Sturm dem ererbten Namen alle Ehre macht.

Die Fahrradtaxameterdroschke. Es zweifelt wohl niemand mehr daran, daß dem Fahrrad eine große Zukunft als Verkehrsmittel, und zwar durchaus nicht bloß zu Sportzwecken, offen steht. In den großen Städten sieht man ja schon längst Diener mit Paketen, Ordonnanzen, Postboten, Dienstmänner etc. auf dem schnellen Rade dahinsausen. Das Allerneueste auf diesem Gebiete aber ist wohl die von Direktor Hofmann in Berlin erfundene Fahrradtaxameterdroschke, die man jetzt in dem Straßenverkehr der Reichshauptstadt auftauchen sieht. Der als Sitz für den Fahrgast dienende Ledersessel ruht auf den Federn der Hinterachse des Dreirades. Dem Führer, der diese eigenartige Droschke in Bewegung setzt, kehrt der Fahrgast den Rücken zu; bei schlechtem Wetter kann über seinem Sessel ein Verdeck ausgespannt werden, Füße und Beine schützt dann außerdem ein Schutzleder. Ist beides überflüssig, so liegen Verdeck und Schutzleder zusammengeklappt hinter der Rückenlehne. Die Fahrgeschwindigkeit dieser Droschken läßt sich bis zu 250 Metern in der Minute steigern; der Fahrpreis ist mit 10 Pfennig für je 400 Meter bemessen und wird durch einen Taxameterapparat (mechanischer Preisanzeiger) angegeben. P. G.     

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1896). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1896, Seite 876a. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1896)_0876_a.jpg&oldid=- (Version vom 15.7.2023)