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verschiedene: Die Gartenlaube (1898)

Und mählich waren die meisten verstoben,
Lachten und lärmten vom Walde droben,
Da ward er lebendig, und siehe da,
Mit einem Male rief er Hurra,
So hell, so jubelnd, so tief beglückt,
– Dem hab’ ich vor Freuden die Hand gedrückt.

Zwei Stündlein mochten vergangen sein,
Von neuem schlossen sich die Reihn.

Und siehe: noch einmal das alte Gesicht,
Still und freundlich – eisern nicht!
Und immer wieder jubelnden Schalles
Die „Wacht am Rhein“, und was sangen wir alles!



Und als er thät den Wagen verlassen,
Gemach den schweren Krückstock fassen –
Unsagbar schwoll es in allen empor,
Hunderte stürmten ihm nach durchs Thor,
Da ward ihm selbst wie in alter Zeit
Das Herze weit;
Als wär’ der alte Leu erweckt,
Mächtig hat er sich aufgereckt,
Da stand er noch einmal, so schien es mir,
Der Halberstädter Kürassier,
Eisern – gewaltig – titanengroß,
Brausender brach der Jubel los.
Und als er sich dann hinüberbog,
Noch einmal grüßend den Schlapphut zog
Und bedächtig zu seinem Hause schritt –
Aller Herzen nahm er mit.

Die Thore geschlossen – das Brausen verhallt –
Wir gingen zurück durch den Sachsenwald.
Drunten und droben Klang und Schall,
Weiße Kleider flatterten überall.
Neckisch riefen von fernen wegen
Die Mädchen uns lustige Worte entgegen.

Was war’s? Kaum haben wir hingeblickt,
Haben nicht einmal Antwort geschickt:
Liebe – du bunter Schmetterling,
Mannestreue: ein besser Ding!

Mit freudigen Herzen und seltsam befangen,
So sind wir schweigend dahingegangen.
Haben uns jeder für Alltagswochen
Ein Zweiglein gebrochen,
Doch jeder für sich – ganz heimlich beim Gehn,
Als dürft’ es selber der Freund nicht sehn.

      Mit bunten Scharen
Sind wir nach Hamburg zurückgefahren,
Suchte wohl jeder in seiner Tasche,
Ob es auch reichte zur besten Flasche,
Es reichte – Hurra und ein Vivat drein!
Herr Wirt, nun leg’ er sich Ehre ein!

Bald stieg es empor – herb – frisch –
Der beste Tropfen auf unserm Tisch!
Das war’s – so hatten wir’s alle gewollt,
In grünen Römern deutsches Gold,
Gold vom Rheine – edelste Blüte –
Wärm’ auch weiter ein treu’ Gemüte!

Die Gläser zitterten in der Hand,
Wir haben keinen Namen genannt.
Doch als wir drei sie hoben und führten,
Daß sich die vollen tönend berührten,
– Wie’s da zu unsern Ohren drang!
Den ganzen Raum durchlief der Klang,
Das macht’, es stimmten wunderfein
Drei junge begeisterte Herzen ein!
Und leuchtenden Auges setzten wir an –
Ward wohl tiefer Trunk gethan!

So haben wir drei zusammengesessen,
Keiner von uns hat die Stunde vergessen.
Und Jahr für Jahr, am ersten April,
Thut jeder gar heimlich und lächelt still,
Und jeder von uns, wo er auch sei,
Holt seine beste Flasche herbei,
Füllet sein Glas und neiget sich:

Otto von Bismarck, wir grüßen Dich!
 Carl Busse.


Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1898). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1898, Seite 177. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1898)_0177.jpg&oldid=- (Version vom 30.6.2023)