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verschiedene: Die Gartenlaube (1898)

seinem Besuch, um Abschied zu nehmen. Wie weh ward uns da ums Herz – – aber es mußte ja sein, wollte er doch am Abend schon wieder als Vortragender seiner Pflicht genügen. Aus einem Wiedersehn in Aßmannshausen, das für den kommenden Sommer geplant war, wurde nichts. Nun ist der gemütvolle Dichter seinem „Möhrlein“, der „Sonne seines Lebens“, in die ewige Ruhe gefolgt!

Das Jubiläum des Deutschen und Oesterreichischen Alpenvereins. Die diesjährige, in Nürnberg vom 11. bis 13. August stattfindende Generalversammlung des „Deutschen und Oesterreichischen Alpenvereins“ bedeutet einen denkwürdigen Abschnitt in der Geschichte dieser hochverdienten Vereinigung, welche nunmehr 25 Jahre besteht. Allen Freunden der Alpenwelt wird aus diesem Anlaß ein kurzer Rückblick auf die großartige Entwicklung willkommen sein, welche der Alpenverein in diesem Zeitraum aus kleinen Anfängen genommen hat.

Die Besteigung der höheren Alpenberge um ihrer landschaftlichen Schönheit willen ist erst um die Mitte unseres Jahrhunderts eine Angelegenheit allgemeineren Interesses geworden. Nur wenige kühne, meist im Dienst der Wissenschaft stehende Männer hatten vordem denkwürdige Expeditionen auf einzelne hervorragende Gipfel gewagt; erst in den fünfziger Jahren wurden die großen Hanptgipfel der Schweizer Alpen von Bergsteigern erobert, die aus Freude am Bergsteigen in die Alpen reisten. Die Pioniere dieser neu entstandenen Bethätigung der Freude an der Natur fühlten bald das Bedürfnis nach einem Zusammenschluß; der 1857 in London gegründete „Alpine Club“ war der erste alpine Verein. Aber auch in den deutschen Alpen regte sich bald der Trieb, die grandiose Hochalpennatur aus eigner Anschauung kennen zu lernen, und auch da machte sich naturgemäß sehr bald das Bedürfnis nach einer Vereinigung der Gleichgesinnten geltend, das im Jahre 1862 zur Gründung des „Oesterreichischen Alpenvereins“ führte. Paul Grohmann, Dr. E. v. Mojsisovics und G. v. Sommaruga gaben in Gemeinschaft mit Prof. Dr. Ed. Sueß und A. Melingo die erste Anregung, und bei der ersten Hauptversammlung am 19. November 1862 trat der neue Verein gleich mir 627 Mitgliedern ins Leben. Von den zwei Hauptaufgaben, die er sich gestellt hatte, der wissenschaftlichen Erforschung der Alpen und der Erleichterung des Bereisens derselben, insbesondere der österreichischen Alpenwelt, wurde die erstere mit ganzer Kraft von berufenen Männern in Angriff genommen. Die Erbauung von Wegen und Schutzhütten ward noch nicht als eigene Angelegenheit des Vereins aufgefaßt, man beschränkte sich darauf, die Alpenbevölkerung zu solchen Unternehmungen anzuregen und anzuleiten. So kam es, daß der Oesterreichische Alpenverein auch nur ein Schutzhaus, die heute in ein Alpengasthaus umgewandelte Rainerhütte im Kaprunerthale, selbst erbaute. Die Hauptkraft und der größte Teil der Vereinsmittel wurde auf die Vereinsschriften verwendet, und diese sind es denn auch gewesen, welche dem jungen Verein sehr rasch ein hohes Ansehen erwarben, ihm anderseits aber auch den Charakter einer vorzugsweise litterarisch-wissenschaftlichen Vereinigung gaben. Doch fehlte es nicht an Mitgliedern, welche den praktischen Aufgaben ihr Hauptinteresse zuwandten und die darauf ausgingen, auch die Thätigkeit des Vereins mehr als bisher auf diese hinzulenken. Als ein Haupterfordernis dazu erschien ihnen allen, daß der Verein in den Alpenländern selbst mehr Wurzel fassen müsse. Es wurde daher angestrebt, die bis dahin streng centralistische Organisation des Vereins in der Weise umzuwandeln, daß derselbe in einzelne, über das ganze deutsche Alpenland und das Flachland verteilte Sektionen sich gliedere und die Leitung an einen alljährlich aus einer anderen Sektion zu wählenden Centralausschuß übergehe.

Während im Oesterreichischen Verein diese Bestrebungen auf Widerstand stießen, nahm eine Anzahl deutscher Alpenfreunde die Gründung eines „Deutschen Alpenvereins“ in die Hand. Joh. Stüdl, der hochverdienstvolle spätere Vorstand der Sektion Prag, Paul Grohmann, Carl Hofmann, der später bei Sedan gefallene, kühne Erschließer der Glocknergruppe, Lampart, Trautwein u. v. a., vor allem jedoch der unermüdliche und unvergeßliche Kurat Franz Senn aus dem Oetzthale, brachten es dahin, daß am 9. Mai 1869 in München die erste Sektion des „Deutschen Alpenvereins“ ins Leben trat. Schon im Juni folgte die Gründung einer Sektion Wien (offiziell erst am 20. August), während bereits im Mai der in Leipzig bestehende „Leipziger Alpenklub“ sich in eine „Sektion Leipzig“ verwandelte und dann in rascher Folge an verschiedenen Orten weitere Sektionen entstanden, so daß der neue Verein am Ende des ersten Jahres bereits 16 Sektionen mit 702 Mitgliedern zählte. Erster Centralpräsident war v. Bezold in München. Auch der „Deutsche Alpenverein“ hatte, eingedenk der hohen Wichtigkeit guter Vereinsschriften, diesen zunächst das Schwergewicht seiner Thätigkeit zugewandt, so daß bereits das erste, unter Th. Trautweins Leitung herausgegebene „Jahrbuch“ eine hervorragende Erscheinung bildete. Aber das eifrige Bestreben, auch eine möglichst weitgehende praktische Thätigkeit zu entwickeln, machte sich daneben sofort geltend. Für 1870/71 wurde Wien, mit Dr. F. v. Hochstetter an der Spitze, Vorort. In dieser Zeit – es war diejenige des gewaltigen Ringens zwischen Deutschland und Frankreich – geschahen die ersten Schritte behufs Anbahnung einer Vereinigung des Deutschen mit dem Oesterreichischen Alpenverein. Trotz vielfacher Schwierigkeiten und erst nach jahrelangen Verhandlungen wurde dies Ziel erreicht. Im Jahre 1873, und zwar am 23. August zu Bludenz in Vorarlberg, ward die vollständige Vereinigung beider Vereine besiegelt, dergestalt, daß, im Fall der Österreichische Alpenverein dem Gesamtvereine als eigene Sektion beitreten würde, dieser den Namen „Deutscher und Oesterreichischer Alpenverein“ annehmen sollte, und am 19. November 1873 erfolgte dies auch. Seitdem hat der so entstandene Verein einen ununterbrochenen Siegeszug vollzogen, dessen einzelne Etappen ebensoviele segensreiche Schöpfungen zum Wohle der die Alpen bereisenden Naturfreunde, mehr aber noch zum Wohle der gesamten Alpenbevölkerung bedeuten. Ein klares Bild der glänzenden Entwicklung, die der Verein genommen, giebt die Steigerung seines Mitgliederstandes. Dieser betrug Ende 1873: 2394, 1876: 5901, 1879: 8192, 1882: 11091, 1885: 15870, 1888: 21992, 1891: 25136, 1894: 32163, 1897: 40828 und gegenwärtig 42000 in 251 Sektionen. Der Verein nennt 183 Unterkunftshütten sein eigen! Was dieser mächtige Verein im Verlauf eines Vierteljahrhunderts Segenreiches geschaffen, das bildet ein ruhmvolles Denkmal opferwilliger Schaffensfreude im Dienst des Gemeinwohls. Nur in Kürze sei angeführt, daß er bis Ende 1897 für Weg- und Hüttenbauten in den Alpen die Summe von 1600925 Mark 46 Pf., insgesamt aber für seine Bestrebungen die Riesensumme von 3093837 Mark verausgabt hat, und daß er im Begriffe steht, das Regierungsjubiläum des greisen Monarchen Oesterreichs, auf dessen Gebiet er seine Hauptthätigkeit entfaltet hat, mit einer neuen großen Unternehmung, der Schaffung eines großen Unterstütznngsfonds für durch Elementarereignisse verunglückte Gebirgsbewohner zu begehen. Möge der Alpenverein, in welchem sich die innere Zusammengehörigkeit der Deutschen Oesterreichs und ihrer Brüder im Reich aufs schönste verkörpert, unter dem guten Stern, der ihm bisher geleuchtet hat, auch weiterhin blühen, wachsen und gedeihen! Heinrich Heß.     

Das Stauffacherin-Denkmal für Steinen. (Mit Bild S. 517.) Als einen Kampf für die Unverletzlichkeit des häuslichen Herds, für das Heiligtum der Familie hat Schiller im „Tell“ den Aufstand der schweizer Urkantone wider die Tyrannei der kaiserlichen Landvögte geschildert, und die erste Mahnung zur gemeinsamen Erhebung läßt er erklingen von den Lippen einer schlichten Hausfrau. In Gertrud Stauffachers Seele ersteht der Plan zu jenem Bunde der Waldstätte, welches dann durch den Schwur auf dem Rütli feierlich besiegelt wird. Ihr tapferer Anruf: „Sieh vorwärts, Werner!“ entreißt den zögernden Gatten seinen zaghaften Bedenken, so daß er sich mutvoll zu entschlossenem Handeln aufrafft. Wie längst dem Tell, soll nun auch der Stauffacherin in der Schweiz ein Denkmal erstehen. Ein Komitee von schweizer Frauen, das sich 1892 im Interesse der philanthropischen Frauenthätigkeit in Bern gebildet hat, das „Frauenkomitee Bern“, hat dazu den Plan gefaßt, nachdem 1896 auf dem Frauenkongresse zu Genf ein entsprechender Vorschlag zur Annahme gelangte. Der Bildhauer Max Leu begeisterte sich für den Plan und schuf aus freien Stücken den Entwurf für das Denkmal, welchen wir zur Abbildung bringen. Leu überwies das Modell dem „Frauenkomitee Bern“; dieses setzte sich in Verbindung mit dem Frauenverein und dem Gemeinderat von Steinen im Kanton Schwyz, denn hier am Wohnort Stauffachers soll das Denkmal seinen Standplatz erhalten. Bei der Ausstellung des Entwurfs im Berner Kunstmuseum hat die lebensvolle Gruppe allgemeinen Beifall gefunden. Max Leu zeigt die Stauffacherin, wie sie mit heroischer Gebärde den grübelnden Gatten zum Kampf aufruft, den Blick prophetisch in die Ferne gerichtet. Schon durchzuckt den Mann der Entschluß, und er schließt energisch die Faust. In freier Gestaltung hat der Künstler neben die begeisterte Frau den kleinen Sohn gestellt, dem ihre Linke segnend das Haupt berührt. Der Kleine blickt voll Zutrauen zu ihr auf. Als Inschrift hat der Künstler dem Sockel Gertruds Mahnruf eingefügt: „Sieh vorwärts, Werner!“

Karl der Kühne in der Schlacht bei Nancy. (Zu dem Bilde S. 520 und 521.) Neben den siegreichen Welteroberern giebt es andere geschichtliche Gestalten, in denen der gleiche Trieb und Drang mächtig war, die es aber zu großen Siegen und Eroberungen nicht brachten, weil die Weltlage eine ungünstige war oder weil ihnen die Kraft fehlte, die Verhältnisse zu beherrschen. Zu diesen gehört Karl der Kühne, Herzog von Burgund, 1433 zu Dijon als Sohn Philipps des Gütigen aus dem Hause Valois geboren. Im Jahre 1467 übernahm er nach dem Tode des Vaters die Zügel der Regierung, erfüllt von dem Plane, das alte Königreich Burgund wiederherzustellen. Bei dem Versuche, ihn auszuführen, verwickelte er sich in langwierige Kämpfe mit König Ludwig XI von Frankreich, dem Herzog von Lothringen und den Schweizern. Ueber die beiden zuerst genannten Gegner gelang es ihm, Vorteile zu erringen. Er eroberte Nancy, das er zur Hauptstadt des geplanten großen Burgunderreiches bestimmte. Im Kampfe mit den Schweizern unterlag er aber in den blutigen Schlachten von Granson und Murten. Nun konnte auch der Herzog Renatus II von Lothringen an die Wiedereroberung seiner Lande gehen; er zog vor Nancy und nahm es nach einer Belagerung ein. Karl kam mit seinem Heere zu spät, um die Stadt zu entsetzen. Er unternahm im Oktober 1476 von neuem die Belagerung, trotz der eintretenden strengen Kälte, und wandte sich gegen den Herzog von Lothringen, als dieser mit 20000 Mann frischer Truppen zum Entsatz heranrückte. Der neapolitanische Graf von Campobasso, auf welchen Karl das größte Vertrauen setzte, hatte sich aber als Verräter erwiesen und war zum Feinde übergegangen. In dieser letzten Schlacht des kühnen Karl (5. Januar 1477), deren Schlußakt uns die Zeichnung von Cloß lebendig vergegenwärtigt, unterlagen die durch Strapazen jeder Art geschwächten Truppen des burgundischen Herzogs, und er selbst konnte sich nach tapferster Gegenwehr nur mit wenigen Begleitern aus dem Getümmel retten, versank aber auf der Flucht in einem Sumpf und wurde hier von den Feinden oder, wie einige Geschichtschreiber berichten, von Verrätern aus dem eigenen Lager erschlagen. †      

Ländliche Kunstbetrachtung. (Zu dem Bilde S. 525.) Nach mehrstündiger Arbeit ist der Maler zum Mittagsessen gegangen und hat die Bewachung seiner Staffelet den beiden Kindern, die er als Modelle benutzt hat, übertragen. In seiner Abwesenheit haben sich noch zwei andere Mädchen eingefunden, die nun das ziemlich fertige Gemälde einer genauen Prüfung unterziehen. Für sie ist natürlich die Hauptsache und das einzig Interessante an dem Bilde, daß hier der Michel

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