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verschiedene: Die Gartenlaube (1899)


Inhalt.
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Das Schweigen im Walde. Roman von Ludwig Ganghofer (2. Fortsetzung.) 69
Ein Kostümfest des Vereins Berliner Künstler. Von Gustav Klitscher. Mit Ilustrationen von W. Pape. 80
Frau Stehles Antipathie. Novelle von Hermine Villinger. 84
Was kosten die Menagerietiere? Von G. Kopal. 92
Berühmte Tänze der Vorzeit. Von Alexis Becker. Mit Illustrationen von Fritz Bergen 93
Blätter und Blüten: Adolph v. Menzel an seinem Schreibtisch. (Mit Abbildung.) S. 97. – Das Schellenschlagen in Tirol, Von J. C. Platter. (Zu dem Bilde S. 77.) S. 97. – Blumenparade. (Zu dem Bilde S. 85.) S. 97. – Riesenflöße auf dem Ocean. (Mit Abbildung.) S. 98. – Ein Motorschlitten. (Mit Abbildung.) S. 98. – Ein Morgen vor der Breslauer Hütte in den Oetzthaler Alpen. (Zu dem Bilde S. 89.) S. 98. – Zu Wilhelm Jordans achtzigstem Geburtstag. S. 98. – Das Bismarck-Mausoleum im Sachsenwalde. (Mit Abbildung.) S. 99. – Große Lokomotiven. Von W. Berdrow. S. 99. – Fastnachtsbräuche im Sauerlande. Von R. Brand. S. 100. – Zu unseren Karnevalsbildern. S. 100.
Kleiner Briefkasten: S. 100.
Illustrationen: Faschingskinder. Von L. Schmutzler. S. 69. – Das Schellenschlagen in Tirol. Von Fritz Bergen. S. 77. – Abbildungen zu dem Artikel „Ein Kostümfest des Vereins Berliner Künstler“. Von W. Pape. Die Erstürmung der Minneburg. S. 72 und 73. Eingangsflur des Berliner Künstlerhauses. Fahrendes Volk. S. 81. Das „Luften“ im Kneipraum. S. 82. Der Festsaal des Berliner Künstlerhauses: Ansicht der Querwand mit der Empore und dem Bilde von Prof. Max Koch. Die Vorderansicht des Berliner Künstlerhauses. S. 83. – Blumenparade. Von H. Huisken. S. 85. – Ein Morgen vor der Breslauer Hütte in den Oetzthaler Alpen. Von M. Zeno Diemer. S. 89. – Abbildungen zu dem Artikel „Berühmte Tänze der Vorzeit“. Von Fritz Bergen. Initiale. Allemande. S. 93. Gavotte zu Anfang des XIX. Jahrhunderts. S. 94. Menuett. Sarabande in holländischer Form. S. 95. Aelterer Kontertanz. Quadrille des Lanciers. S. 96. – Adolph v. Menzel an seinem Schreibtisch. S. 97. – Amerikanisches Riesenfloß im Schlepptau eines Dampfers. Von Willy Stöwer. S. 98. – Ein Motorschlitten. Von R. Mahn. S. 98. – Das Bismarck-Mausoleum im Sachsenwalde. S. 99. – Hofball. Von Hans Stubenrauch. S. 100.


Hierzu Kunstbeilage III: „Im Kostüm der Großmutter“. Von P. Huat.




Kleine Mitteilungen.


Der schweizerische Bundesprästdent Eduard Müller. Durch fast einstimmige Wahl wurde am 12. Dezember vorigen Jahres der Bundesrat Eduard Müller von der schweizerischen Bundesversammlung zum Bundespräsidenten für das Jahr 1899 berufen. Der durch das allgemeine Vertrauen seiner Mitbürger ausgezeichnete Staatsmann erfreute sich schon lange eines hervorragenden Ansehens. Sein Vater war Professor der Theologie in Bern und wirkte einige Zeit in Dresden. In dieser Stadt erblickte Eduard Müller am 12. November 1848 das Licht der Welt; seine früheste Kindheit verlebte er aber bereits in Bern, und hier erhielt er auch seine Schulbildung. Er widmete sich alsdann der Rechtswissenschaft, vollendete seine Studien in Bern und besuchte außerdem noch die Universitäten in Leipzig, Heidelberg und Paris. Nachdem er sich in Bern niedergelassen, nahm er bald einen regen Anteil an dem politischen Leben seines Vaterlandes. Er wurde zu verschiedenen Aemtern des Kantons Bern berufen und bereits 1884 in den Nationalrat gewählt. Als Mitglied des Bundesrates zeichnete sich Eduard Müller besonders in der Verwaltung des Militärdepartements aus, dessen Leitung er als Bundespräsident niederlegte, um das Departement des Aeußeren zu übernehmen.


Dem Dichter Hoffmann von Fallersleben soll nun auch an der Stelle, wo er die letzten Jahre seines Lebens geweilt und gewirkt hat, ein Denkmal erstehen. Zu Höxter, in dessen Nachbarschaft Schloß Corvey liegt, welches dem Sänger des „Lieds der Deutschen“ das letzte Heim bot, in dem er vierzehn Jahre lang als Bibliothekar wirkte und am 19. Januar 1874 für immer die Augen schloß, hat sich für diesen Zweck ein Komitee gebildet. Als im Frühjahr vorigen Jahres dort der hundertjährige Geburtstag des Dichters festlich begangen wurde, mußte die Feiernden der Anblick der schmucklosen Tafel schmerzlich berühren, welche die Grabstätte Hoffmanns kennzeichnet. Wie wenig entspricht dieses Erinnerungszeichen dem Danke, welchen das deutsche Volk dem Dichter schuldet, der in trüber Zeit mit herzentflammender Begeisterung dem deutschen Einheitsgedanken in Wort und That gedient hat! Und er hat auch wie kaum ein zweiter deutscher Dichter das deutsche Volkslied gekannt, geliebt und gefördert und dem deutschen Volksgesang mächtige, noch heute nachwirkende Anregungen gegeben. Der Aufruf des Denkmalsausschusses in Höxter wendet sich daher an alle treuen Freunde echten Deutschtums, besonders aber auch an Deutschlands Gesang- und Turnvereine mit der Bitte, durch Veranstaltung von Konzerten, sonstigen Aufführungen und freiwilligen Sammlungen das Unternehmen thatkräftig zu fördern. Beiträge wolle man an den Schatzmeister, Herrn Theodor Schmidt in Höxter, senden; Quittung erfolgt durch die „Deutsche Sängerhalle“.


Preisrodeln in Tirol. Seit unvordenklichen Zeiten schon bildet in den Tiroler Bergen das „Rodeln“ eine der beliebtesten Wintervergnügungen der Jugend beiderlei Geschlechts. Die Rodel ist ein kleiner leichtgebauter Schlitten, der für eine, höchstens zwei Personen knappen Sitzraum gewährt. Auf diesem Schlittchen sausen die Knaben und häufig genug auch die Mädchen pfeilschnell über steile Bergwege und auf scharfgeneigten Thalhängen hernieder, sei es wie gewöhnlich zum Vergnügen oder auch um sich den Weg zu oder von der Schule wesentlich abzukürzen. Seit einigen Jahren nun ist das Rodeln zu einem förmlichen Sportzweig auch für Erwachsene geworden, und es wurden besonders auf der hierzu ganz ausgezeichnet geeigneten Salzbergstraße hoch über der Stadt Hall im Innthal eigene Rodelwettfahrten veranstaltet. Bald darauf fand die Sache noch weitere Ausdehnung, da und dort wurden Rodelklubs gegründet und in Gossensaß am Brenner sowie im Grödenthale Preisrodelfeste arrangiert. Auf den von Wolkenstein hinauf zum Grödnerjoch, zum Sellajoch etc. führenden Wegen hat der Grödner Rodelklub schon wiederholt sein alljährliches Preisrodeln abgehalten. In langer Reihe ziehen die Wettfahrer, jeder mit seiner Rodel versehen, den steilen Bergweg hinan zum Jochhospiz, wo sich mitten in der schneestarrenden Winterlandschaft ein sehr reges Leben und Treiben entwickelt. Das Rennkomitee verteilt die Rollen, die Gemeldeten werden den einzelnen Gruppen zugewiesen, die Startenden zahlen ihre Renngelder und erhalten die sichtbar zu tragenden Nummern, dann fährt der „Schrittmacher“ auf seiner Rodel in rasender Eile zu Thal, um drunten am Ziele die Meldung: „Rennen in Ordnung – Freie Bahn!“ zu erstatten. Knapp darauf folgt auch schon der erste Rennfahrer und in kurzen Zwischenräumen stürmt gruppenweise scharf hintereinander die ganze Rennerschar in schwindelnd eiliger, fliegender Fahrt von der Höhe herab. Unten in Wolkenstein beim „Ziel“ harrt in großer Spannung außer den Klubmitgliedern und den Zielrichtern ein zahlreiches Publikum, und jeder durchs Ziel schießende Wettfahrer wird mit heller Freude begrüßt. Die ganze Thalfahrt auf dem Wege, der im Anstieg beiläufig zwei Stunden erfordert, wird beim Preisrodeln in ungefähr zwölf Minuten zurückgelegt. Nach dem Rennen erfolgt die Verteilung der schönen Ehrendiplome und Wertpreise an die Sieger im Kampfe, und den Abschluß des Festes bildet eine fröhlich gemütliche Sitzung im Klubheim auf der „Post“ zu St. Ulrich. Das diesjährige Grödner Preisrodeln am 7. Januar mußte der ungünstigen Schneeverhältnisse wegen vom Tschierjoch durch das Hochthal Danter Tschapies nach Wolkenstein durchgeführt werden, wobei der Meisterfahrer A. Vinatzer von St. Ulrich die 5 km lange Fahrbahn in 5 Minuten 20 Sek. zurücklegte und damit den ersten Preis gewann. J. C. Platter.     


Das Gewicht der Schulmappe. Mit dem Schlag 3/48 Uhr beginnt es am Morgen in der Nähe des Schulhauses lebendig zu werden. Der Pedell öffnet die Schulthüre den von allen Seiten herbeieilenden Schülerinnen.

Der Blick der die Aufsicht führenden Lehrerin ruht prüfend auf der jungen Schar. Sie ermahnt zu anständigem, mädchenhaftem Eintritt in die Klassenräume, tadelt da einen flüchtigen Knicks und ergänzt gerade in dieser Morgenstunde hier und da die häusliche Erziehung.

Heute gilt ihr prüfender Blick besonders den Schulmappen, von denen manche ordentlich geschwollen aussieht, durch ihre Schwere die Trägerin augenfällig belästigt und ihre Haltung ungünstig beeinflußt. In solchem Falle heißt es: „Schnalle die Mappe ab und zeige, was du darin hast.“ An der Hand des Stundenplanes wird nun festgestellt, welche Bücher die Schülerin für diesen Tag braucht. Außer diesen nötigen quillt in den meisten Fällen eine Menge nicht notwendiger heraus, die das Kind unnötig belasten. Das ist oft bei sehr ängstlichen Kindern der Fall, die in der Besorgnis, etwas zu vergessen, Unnötiges mitnehmen, oder auch bei unordentlichen, die ohne Wahl einfach, was ihnen zunächst liegt, in die Mappe stecken. Kommt dann der Mutter eine solche schwere Mappe in die Hand, so beklagt sie die bedauernswerte Trägerin derselben und fürchtet mit Recht eine zu große Belastung des jugendlichen Rückgrats.

Dieses Ueberladen der Mappe ist ein Uebelstand, den die wohlgeleitete Schule vermeiden möchte. Die preußischen Schulaufsichtsbehörden haben diesem Punkte ihre Aufmerksamkeit längst zugewendet. Der Unterrichtsminister hat sogar die königliche wissenschaftliche Deputation für das Medizinalwesen zur Begutachtung darüber aufgefordert. Es sind in verschiedenen Schulen Wägungen von Mappen und Büchern veranstaltet worden, die ein nicht unbedeutendes Gewicht derselben ergaben. Die leere Mappe allein wiegt oft schon 2 Pfund. Mit Inhalt steigt ihr Gewicht schon für die Unterklasse auf 3½ Pfund; es soll aber auch für die nächsten Schuljahre nicht mehr als ein Achtel des Körpergewichts betragen, sondern eher weniger.

Wie ist nun diesem Uebelstand abzuhelfen? Für die Lehranstalten erwächst die Pflicht, so wenig wie möglich Bücher in die Schule mitbringen zu lassen. Ferner müssen sie gestatten, daß schwere Bücher, wie Bibeln, Atlanten etc. in der Schule aufbewahrt werden, um das Hin- und Hertragen derselben zu vermeiden. Außerdem überzeugt man sich in guten Schulen durch häufige Mappenuntersuchung, ob die Schülerinnen die über das Mitbringen der Bücher gegebenen Anordnungen befolgen. Doch kann die Schule gerade in diesem Fall die Unterstützung des Elternhauses nicht entbehren.

Die Aufgabe, die Töchter zur Ordnung zu erziehen, fällt im Hause der Mutter zu. Diese soll nun darauf halten, daß das Kind die Schultasche abends einpackt mit Beachtung des Stundenplanes. Sie möge von Zeit zu Zeit einen prüfenden Blick in die Mappe werfen, der ihr an Ordnung gewöhntes Auge nicht immer erfreuen wird. Sie würde oft darüber staunen, was die Mappe alles Unnötiges enthält. Dabei sähe sie das Aeußere der Hefte und Bücher, fände sicher manches ausgeschriebene Heft, manches zerknüllte Blatt, das zu beseitigen wäre.

Durch diese Anleitung schärft sie des Kindes Blick für Ordnung, verhindert eine Ueberlastung und leistet so durch gelegentliche Beachtung der Schulmappe ihrem Kinde und der Schule einen wichtigen Dienst. Marie Schönbrunn.     

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1899). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1899, Seite 68_d. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1899)_0068_d.jpg&oldid=- (Version vom 13.8.2023)