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verschiedene: Die Gartenlaube (1899)

gleichen Schicksal bedroht. Die Stadt hat jedoch beschlossen, die Fassade zu kaufen und ihr an anderer Stelle eine bleibende Stätte zu schaffen. Zu den Kosten, die insgesamt 113 000 Mark betragen, haben der Staat und der Prinzregent je 15 000 Mark beigesteuert. Das Haus ist von einem Bürger Namens Hunnborstel im Jahre 1537 erbaut und gehörte bis vor kurzem einem Brennereibesitzer, dessen Vorfahren seit dem Anfang dieses Jahrhunderts ihr ertragreiches Gewerbe darin betrieben. Erdgeschoß und erster Stock dienten als Wohn- und Geschäftsräume. Auf dem mächtigen Flur, der zugleich als Einfahrt benutzt wurde, schenkte man den wärmenden „Lüttjen“ (kleiner Schnaps), dessen Ruf im ganzen Lande unerschütterlich feststand. Die anderen Stockwerke, welche die prächtigen Ornamente tragen, wurden als Lagerräume für Getreide benutzt, über denen ein steil aufsteigendes Dach weit ausgedehnte Böden und Trockenkammern barg. An den Schnitzereien, die in grotesken Formen ein kunstreich durcheinander gewobenes Gewirr von stilisierten Menschen- und Tierleibern, von phantastischen Arabesken aus Figurenornamenten und abenteuerlichen Fabelwesen mit Menschengesichtern und chimärischen Gliedmaßen aufweisen, erkennt man den heiteren Sinn unserer Altvordern, die es liebten, nach Eulenspiegelweise aus dem anscheinend regellosen Wirrsal den losen Schalk herauslugen zu lassen. Wer das Haus mit den rechten Augen, den Augen der Liebe für unsere Vorzeit, betrachtet, vor dessen Seele steigt eine versunkene Welt wieder aus dem Grabe auf, gewinnen verwehte Geschlechter Gestalten und Leben. Dr. E. Sierke.     

Das Demmersche Haus im „Sack“ zu Braunschweig.

Neues von dem „Schiff der Wüste“. Die Werke über das Tierleben, besonders das vorzügliche von Brehm, scheinen den Stoff erschöpft zu haben; doch fehlt es nicht an neuen Forschungen und Entdeckungen, welche manches, was allgemein anerkannt ist, erschüttern. Zu den Reisenden, welche der Tierwelt eine besondere Aufmerksamkeit widmeten, gehört der Kurländer Baron Eduard Nolde, der in seiner „Reise durch Innerarabien, Kurdistan und Armenien“ in zwei Kapiteln Beiträge zur Kenntnis des arabischen Pferdes und des Kamels giebt. Nolde, der vor einigen Jahren in London den Tod fand, war ein Weltfahrer mit einem gewissen abenteuerlichen Zug; [e]r hatte auch mit den Karlisten in Spanien gekämpft und 1877 in Südamerika mit den Chilenen gegen die Peruaner. Ins innerste Arabien sind wenige vorgedrungen so wie er, und da Pferde und Kamele zu seinen Passionen gehörten, so konnte er in jenem Wüstenlande die fruchtbarsten Studien machen; er selbst erwähnt, daß er hinsichtlich der Kamele selbst in gediegenen Büchern, Reisebeschreibungen und Naturgeschichten auf allerlei Irrtümer, falsche Darstellungen und Ungenauigkeiten gestoßen sei.

In einem Werke findet sich z. B. als ganz sicher festgestellt, „daß bei saftiger Grasnahrung Kamele wohl sehr lange ohne Wasser auszukommen vermöchten, daß dieselben aber bei Dürre fleißig getränkt werden müßten.“ Nolde erklärt dies für durchaus unrichtig. In der heißen Jahreszeit, bei Dürre, wird ein Kamel, wenn man es ihm ermöglicht, gern, oft und viel trinken, ja auch zweimal täglich, wenn es sich gerade so trifft, sich aufs Wasser stürzen, um sich vollzutrinken; das hindert indessen nicht, daß es fünfmal 24 Stunden bei großer Dürre vollständig ohne Wasser auszukommen und dabei schwere Arbeiten zu verrichten vermag. Die wirklichen Vollblut-Rennkamele kommen nur in Innerarabien vor, d. h. die Rasse, der man gelegentlich 200 km in 30 Stunden oder auch 150 km in 10 Stunden zumuten kann. Diese Tiere altern sehr schnell, sobald sie aus Innerarabien herausgebracht sind und nördlicher als im 30. Grade benutzt werden sollen. Auch herrscht fast überall bei der Ausbeutung der Kamele eine furchtbare Raubwirtschaft. Wirklich gut umgegangen wird mit den Kamelen nur in Innerarabien; daher ist es dort auch ein ganz anderes Tier, ohne Schwielen, durchweg wohlbehaart, durchaus nicht störrisch, freundlich und auf den Ruf herkommend, für Liebkosungen empfänglich und dankbar. So bleiben dort die Kamele, darunter auch die Renntiere, bis in ihr 30. Lebensjahr vollkommen dienstfähig.

Nach Nolde sind die Kamele, entgegen den in Europa herrschenden Ansichten, auch in steilen und schwierigen Berggegenden sehr brauchbar und leiden trotz ihrer weichen Füße auffallend wenig durch anhaltendes Treten auf Geröll und sehr scharfen Steinen. Nur leiden sie außerordentlich an Schwindel und daher ist die Anzahl der in Abgründe hinabstürzenden und über hohe und mit niedrigen Geländern versehene Brücken fallenden Kamele sehr groß. Vollständig unbrauchbar sind sie auf feuchtem und glitschrigem Erdboden, so daß sogar hundert Meter aufgeweichten Erdreichs für sie ein unüberwindliches Hindernis werden können. †     




Unseren Abonnenten machen wir die Mitteilung, daß wir eine

neue Sammelmappe
für die Kunstbeilagen zur „Gartenlaube“

in neuer, moderner Ausführung in grüner englischer Leinwand mit reicher Gold- und Fabenpressung herstellen ließen, von welcher wir nebenstehend eine Abbildung in verkleinertem Maßstab geben

Die Mappe ist zur Aufnahme von zirka 100 Stück Kunstbeilagen berechnet, reicht also für drei Jahre aus; nach Ablauf dieser Zeit bildet die gefüllte Mappe ein vollständiges Prachtwerk, und es kann dann eine neue Sammelmappe für die folgenden Kunstblätter bezogen werden. Auch eignet sich dieselbe als Aufbewahrungsmappe für die einzelnen Nummern der „Gartenlaube“.

Trotz der reicheren und vornehmeren Ausstattung haben wir für die neue Sammelmappe den bisherigen mäßigen Preis von 2 Mark beibehalten, zu welchem dieselbe von derjenigen Buchhandlung, welche die „Gartenlaube“ liefert, bezogen werden kann. Wo der Bezug auf Hindernisse stößt, wende man sich unter Beifügung des Betrags zuzüglich 50 Pf. für Porto direkt an die

Verlagshandlung: Ernst Keil’s Nachfolger G. m. b. H. in Leipzig.

Herausgegeben unter verantwortlicher Redaktion von Adolf Kröner in Stuttgart.0 Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger G. m. b. H. in Leipzig.
Druck von Julius Klinkhardt in Leipzig.
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verschiedene: Die Gartenlaube (1899). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1899, Seite 388. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1899)_0388.jpg&oldid=- (Version vom 14.2.2021)