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verschiedene: Die Gartenlaube (1899)

Ende hat sich verhältnismäßig noch am meisten eine gewisse Abgeschlossenheit bewahrt, freilich, ganz ist auch er nicht dem Getriebe der Gegenwart entrückt: in seiner Nähe lassen die Züge der Stadtbahn ihr Rollen und Dampfen ertönen, aber ein gewisses idyllisches Wesen ist ihm doch zu eigen geblieben. Sein breites Wasser umrahmt wirres Geäst, herniederhängendes Gezweig, das in die Tiefe des Sees hineinzuwachsen scheint. Schwäne und zahllose Enten plätschern herum, und die Kinder stehen am Ufer und lauschen neckend dem Geschnatter, einem Geräusch, dem man gerade hier das Idyllische nicht absprechen kann. Wenn die leuchtende Sonne ihre silberglänzenden Strahlen über und unter den Wassern ihr glitzerndes Spiel treiben läßt, dann geht es auf dem See lustig und lebendig zu. Kleine Nachen und Ruderboote, die auch mietsweise zu haben sind, bewegen sich auf dem ruhigen Wasser, und wenn fröhliche Menschenkinder in ihren hellen Sommertoiletten hierbei ihr harmloses Spiel treiben und ihre Freude in Liedern austönen lassen, dann erscheint dieser See, der sich bald in engen Windungen hinschlängelt, bald den Charakter des Freien und Weiten zeigt, wie eine fern von der lärmenden Welt in die einsame Natur verpflanzte Idylle.

So ist’s im Sommer!

Wenn die Bäume kahl sind und auf ihren Kronen zu Eis erstarrte Schneeflocken glänzen, dann geht es wieder lebendig zu auf dem Neuen See. Wo einst die Boote ruhig dahinglitten, tummelt sich jetzt die elegante Welt Berlins anf dem festen Eisboden. Aber auch als Eisbahn scheint der Neue See eine gewisse Abgeschlossenheit sich bewahrt zu haben.

Hier ist die Eisbahn derer, die ein Heim im Tiergarten bewohnen können, hier huldigen auf einer eigens reservierten Fläche die Mitglieder unseres Kaiserhauses dem Eissport, hier hat auch mit besonderer Vorliebe Kaiser Friedrich als Kronprinz in Gemeinschaft mit seinen Kindern das Vergnügen des Schlittschuhlaufens gepflegt. Alfred Holzbock.     

Die Begrüßung der deutschen Kaiserin in Berchtesgaden durch die Schuljugend.
Nach dem Leben gezeichnet von Fritz Bergen.

Die deutsche Kaiserin in Berchtesgaden. (Mit Abbildungen.) Seit dem 12. Juli genießt unsere Kaiserin mit ihren Kindern die Sommerfrische in Berchtesgaden. Die drei jüngeren Prinzen und die kleine Prinzessin Viktoria Luise waren schon vor ihr eingetroffen und erwarteten, als der Sonderzug mit der Mutter und den älteren Prinzen einlief, dieselben auf dem Bahnhof. Schon bevor der Zug hielt, beugte sich die Kaiserin weit aus dem Fenster, ihren Kindern zuwinkend, welche sie dann beim Aussteigen fröhlich umdrängten. Auch die älteren Prinzen feierten mit den Geschwistern gar herzlich das Wiedersehen. Nach der offiziellen Begrüßung durch die Behörden bestieg die Kaiserin mit ihrem Töchterchen und den drei jüngeren Prinzen den bereitstehenden Wagen unter dem Jubel der ihrer harrenden Bevölkerung. In einem zweiten Wagen folgten der Kronprinz und die Prinzen Eitel Friedrich und Adalbert. Auch während der Einfahrt in die festlich geschmückte Stadt wurde die kaiserliche Familie von der Bevölkerung durch lebhaften Zuruf bewillkommt. Die Fahrt ging zum „Grand Hotel“, welches etwa zwanzig Minuten von der übrigen Ortschaft entfernt an der Straße nach Reichenhall, dicht am Walde, gelegen ist. Vor dem Hotel, in dessen Räumen die kaiserliche Familie Wohnung nahm, hatte die Berchtesgadener Schuljugend Spalier gebildet. Das Töchterchen des Bezirksarztes Dr. Roth und andere Kinder, denen die schmucke Landestracht gar wohl stand, überreichten der Kaiserin bei der Anfahrt Sträuße von Alpenrosen und Edelweiß. Eine Krone von Alpenrosen prangte über dem mit Blumengewinden geschmückten Eingang. Nachdem die Kaiserin die für sie bereitstehenden Zimmer durchschritten hatte, erschien sie mit den Ihrigen auf dem Balkon und gab ihren Dank zu erkennen, während die stürmischen Hochrufe kein Ende nehmen wollten. Die kleine Prinzessin Viktoria Luise warf der jubelnden Jugend unten Kußhändchen zu.

Leider hat der Aufenthalt der Kaiserin in der schönen bayrischen Bergstadt, auf welche die Firnhäupter des Watzmanns über die grüne Flut des Königsees niedergrüßen, durch den kleinen Unfall eine Trübung erfahren, welcher der hohen Frau auf einem Ausflug von St. Bartholomä zur „Eiskapelle“ zustieß. Die Heilung des verletzten Fußes ist so glücklich verlaufen, daß die Kaiserin nach Anlegung eines Verbandes durch den bekannten Orthopäden Hessing sehr bald wieder gehen und Ausfahrten in die herrliche Umgebung machen konnte.

Das „Grand Hotel“ in Berchtesgaden, Quartier der deutschen Kaiserin.
Nach der Natur gezeichnet von Fritz Bergen.

Wasserdampf als Sprengstoff in Schlagwettergruben. Eine große Anzahl Explosionen Schlagender Wetter wird nach den statistischen Ausweisen von den Sprengschüssen hervorgerufen, durch welche die feste Kohle unten im Bergwerk losgebrochen werden muß. Man sollte meinen, daß diese Sprengschüsse so schnell verpufften und bei der Wirkung des Schusses nach allen Seiten alle Kraft desselben so sehr aufgebraucht würde, daß es zu so bedeutender Flammenentwicklung bis an die Firste des Schachtes, wo die Schlagwetter sich ansammeln, gar nicht kommen könne. Aber in sehr vielen Fällen entwickelt sich doch eine Stichflamme (der sogenannte Lochpfeifer). Dazu kommt noch, daß der feine Kohlenstaub, der infolge der Sprengung immer, wenn auch nicht stets in gleich großer Menge, entsteht, obgleich man durch Nässen der Kohle seine Bildung zu verhindern sucht, sich leicht entzündet, und dann von ihm aus die Explosion sich fortpflanzt. Aus diesen Gründen trachtete man schon lange danach, Sprengstoffe zu erfinden, die so schnell explodieren, daß Flammenentwicklung so gut wie ausgeschlossen ist – ohne aber das Ziel zu erreichen. Selbst die gepriesensten sogenannten Sicherheitssprengstoffe haben nachgewiesenermaßen Explosionen Schlagender Wetter herbeigeführt.

Da hat nun neuerdings der bekannte amerikanische Bergtechniker Shaw ein neues gefahrloses Sprengverfahren für Kohlen erfunden und in Vorschlag gebracht, und zwar verwendet er den mit Hilfe der Elektricität erzeugten Wasserdampf. Eine mit Wasser gefüllte, an beiden Enden verschlossene Röhre, in der ein Platindraht sich befindet, wird in das Bohrloch gebracht und dann durch den Draht ein schwach gespannter

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verschiedene: Die Gartenlaube (1899). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1899, Seite 547. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1899)_0547.jpg&oldid=- (Version vom 28.11.2022)