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verschiedene: Die Gartenlaube (1899)

hier das Dichterwort erfüllt ward und in Wahrheit neues Leben aus den Ruinen erblühte.

Dann geschah es, daß die tote Antike in den Wissenschaften und Künsten ein wundersames Auferstehen feierte. Auch die tusculanischen Höhen umwehte die Morgenluft dieses anbrechenden strahlenden Tages. Von neuem ergriffen Anmut und Schönheit Besitz von den lieblichen Höhen, sie von neuem in eine Feierstätte umschaffend; und das erste tusculanische Landhaus, welches im 16. Jahrhundert auf den Fundamenten der ehemaligen Villa des Lucullus entstand, war – die Villa Falconieri.

Wieder verblaßte die heitere, festliche Pracht; wieder verschwand das farbenfrohe, freudige Leben; wieder hielten Verlassenheit und Verfall, tiefste Einsamkeit und dunkle Schwermut ihren triumphierenden Einzug. Aber unsterblich blieb die Schönheit der Stätte.

Hier leben zu können! Hier, einsam lebend, die Welt weit hinter sich, tief unter sich lassen zu dürfen; tief unter sich allen Staub und Dunst dieser Welt, die hier oben so göttlich schön war! … So träumte ich an jenem Sommervormittag am Rande des stillen schwarzen Gewässers, unter dem alten Cypressenbaum und – kein Jahr war vergangen, da durfte ich das leuchtende Haus auf den immergrünen Abhängen Tusculums mein Zuhause nennen, in dem ich alsdann ein ganzes freud- und leidvolles Menschenleben verbrachte.

Und heute? … Nun, und heute ist die Villa Falconieri ein Trappistenkloster, eine Stätte des Schweigens!

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An dem Rande des Weihers, wo ich in jener Sommermittagsstunde lag und in die leuchtende Welt hinaus träumte, läßt Hermann Nestel auf seinem stimmungsvollen Gemälde eine jugendliche Frauengestalt sitzen und hinaus träumen in die leuchtende Welt.

In der schwarzen schwermutsvollen Flut spiegeln sich die greisen Cypressen, die den Wandel der Zeit und alles Bestehenden erlebten. Bleiche Nymphäen ruhen auf dem regungslosen Gewässer, daraus blühendes Schilf aufsteigt. Bisweilen zittert ein Lufthauch durch das Röhricht, und über dem Teich beginnt es leise, leise zu rauschen und zu raunen. Es ist ein Sang von vergangener Herrlichkeit.

Das junge Weib auf der grauen Steinbank unter den verwitterten Cypressen trägt das Gewand einer Römerin aus alter Zeit. Sein Haupt ist bekränzt und in der Hand hält es einen Blütenzweig. Gegen die Brüstung gelehnt, blickt die Einsame auf ein großes festliches Haus, welches aus dem dunkeln Grün seiner Waldungen zu ihr herüber glänzt.

Es ist die Villa Mondragone, einstmals das Landhaus eines prunkliebenden Papstes, heute eine Erziehungsanstalt, von den Vätern der Genossenschaft Loyolas geleitet.

Gerade über dem Cypressenteich der Villa Falconieri, auf der grünen Höhe von Tusculum, befinden sich inmitten von Menthe und wildem Thymian die Trümmer eines antiken Theaters, über dessen noch heute wohlerhaltener Scena einstmals die Antigone des Sophokles feierlich dahinschritt.

Vielleicht ist es der Geist jener hehren Jungfrau, welcher als der trauervolle Genius der Kunst von Tusculums schöner Höhe herabsteigt und an strahlenden Sommertagen unter den schwarzen Totenbäumen der Villa Falconieri einsam umgeht …

Richard Voß.     



Blätter & Blüten


Der Kampf der Burenrepubliken gegen England. (Mit Abbildungen.) Das hohe Selbstvertrauen, mit welchem die beiden Burenrepubliken in Südafrika zu den Waffen gegriffen haben, um ihre Unabhängigkeit gegen die Riesenmacht Englands zu behaupten, ist nach den Siegen, welche die tapferen Transvaalburen schon früher über britische Truppen davontrugen, nicht unberechtigt gewesen. Der zähe, stolze Unabhängigkeitssinn, welcher 1848 die ältere Generation dieses niederdeutschen Freibauernvolkes bestimmte, das von England annektierte Natal zu verlassen und sich mit ihren Herden auf den Hochebenen nördlich des Vaalflusses anzusiedeln, hat im Kriege von 1880 und 1881 schon einmal in entscheidenden Kämpfen über Englands Herrschaftsgelüste triumphiert. Ihre seither nur für Verträge mit auswärtigen Staaten beschränkte Unabhängigkeit hat die Transvaalrepublik dem glänzenden Sieg ihrer Truppen am Majubaberg über das von Natal heranmarschierte englische Korps am 27. Februar 1881 zu verdanken. Die Schnelligkeit, mit welcher Präsident Krüger im Jahre 1895 die Verschwörung von englischen Kolonisten in Johannesburg zu unterdrücken verstand, die Schlagfertigkeit, mit welcher General Joubert dem von Cecil Rhodes, dem damaligen Minister der Kapkolonie, angezettelten Einfall Jamesons aus Betschuanaland bei Krügersdorp zu begegnen wußte, konnten das Vertrauen der Buren in die eigene Kraft nur erhöhen. In harten Kämpfen mit den kriegerischen Stämmen der Zulukaffern und Betschuananeger hatten sie ihre Herrschaft in dem weiten fruchtbaren Bergland zwischen dem Limpopo und dem Vaalfluß befestigt, ehe die Entdeckung der Goldfelder in Witwatersrand jenen Zuzug fremder, besonders englischer Kolonisten bewirkte, welcher in wenig Jahren das neugegründete Johannesburg zu einer Stadt von 100000 Einwohnern anwachsen ließ und bald jene Ansprüche der „Uitlanders“ auf Beteiligung an der Verwaltung des Landes zur Folge hatte, die den jetzigen Konflikt mit England herbeigeführt haben.

Buren im Kampf.

Ein stehendes Heer in unserm Sinne hat dies freiheitsliebende Hirtenvolk nicht, dessen Verfassung noch einen ganz patriarchalischen Charakter hat und das mit großer Treue an den von seinen Vätern ererbten Einrichtungen und Gewohnheiten festhält. Noch immer lebt die Mehrzahl der Burghers auf weitumgrenzten, über das ganze Land verstreuten Farmen, deren Ausdehnung ihnen mit ihren Herden eine Art von nomadisierendem Leben gestattet. Jeder ihrer Söhne wird von klein auf zu einem treffsicheren Schützen und einem vorzüglichen Reiter erzogen. Im Kriegsfall ist jeder Bürger vom vollendeten 16. bis zum 60. Jahre verpflichtet, sich dem Dienst fürs Vaterland zu stellen. Sobald den Burgher der Aufruf seines Feldkornets (Bezirkskommandeurs) erreicht, bestellt er sein Haus, bepackt sein bestes Pferd mit Mundvorrat für sich und Futter für dieses, wirft das breite Patronenbandelier um die Schulter, greift zur Büchse und sprengt, nachdem er Abschied von den Seinen genommen, dem Orte zu, der ihm als Stellungspunkt angegeben wurde. Oft kommt es vor, daß Vertreter von drei Generationen, der Großvater mit Söhnen und Enkeln, vereint dem Heerrufe folgen. Eine Uniform tragen die berittenen Schützen nicht. In Friedenszeiten unterhält die Transvaalrepublik,

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verschiedene: Die Gartenlaube (1899). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1899, Seite 769. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1899)_0769.jpg&oldid=- (Version vom 27.4.2023)