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verschiedene: Die Gartenlaube (1899)

Der hygieinische Einfluß gestärkter Leibwäsche. Vor einiger Zeit ist von mehreren Hygieinikern auch gestärkte Wäsche zum Gegenstand ihrer Untersuchungen gemacht und dabei festgestellt worden, daß die Stärke ein sehr bedeutendes Hindernis für die Abgabe der Körperwärme bildet. Nun sollte man meinen, daß wir von dem Tragen gestärkter Leibwäsche, die uns, wie jeder weiß, im Sommer sehr erhitzt, wenigstens den Vorteil hätten, daß sie uns im Winter die Kälte vom Leibe, in dieser Jahreszeit uns warm hält. Das ist aber durchaus nicht der Fall. Denn merkwürdigerweise wächst die Größe des Schutzes der Stärkwäsche gegen Wärmeabgabe mit der Zunahme der Außentemperatur, sie nimmt ab mit der Abnahme derselben. Das heißt also: im Winter, wenn wir uns alle Mühe geben, unsere Eigenwärme hübsch bei uns zu behalten und möglichst wenig davon fortzulassen, ist der Wärmeschutz gestärkter Leibwäsche wegen der niedrigen Außentemperatur nur sehr gering, dagegen hält sie uns im Sommer, wenn wir Abkühlung uns verschaffen wollen, die Wärme am Körper energisch zurück. Wenn nun gar der Schweiß die Stärke auflöst, so verklebt sie nicht allein die Poren unserer Haut, sondern auch die der Leinwand und erschwert den Zutritt der kühlenden Außenluft an unsern Körper noch mehr.

Wie man sieht, ist also das Stärken der Leibwäsche eine sehr unpraktische, ja der Gesundheit geradezu höchst unzuträgliche Einrichtung, und wir sollten uns, nachdem wir dies erkannt haben, von einer Mode, die solche Nachteile im Gefolge hat, bald frei machen. Dr. –t.     

Hans Arnold. (Mit Bildnis.) Als vor einiger Zeit die „Gartenlaube“ eine der anmutig heiteren Erzählungen aus dem deutschen Offiziersleben von Hans Arnold veröffentlicht hatte, erhielt die Redaktion von seiten einer jüngeren Leserin des Blattes die Anfrage, bei welcher Waffe der Herr Verfasser stehe und in welchem Regiment er diene – die Fragerin wollte ihn gern um einen Beitrag für ihr Selbstschriftenalbum ersuchen! Der Wunsch mußte unerfüllt bleiben. Der „Herr Verfasser“ Hans Arnold, der so lustige Schwänke und Abenteuer aus dem Leben unserer Leutnants zu erzählen weiß, ist eine Dame; das Regiment, das sie führt, erstreckt sich auf Familie und Häuslichkeit, und ihr Dienst gilt nur den Musen, nicht den Waffen. Aber als Gattin eines Offiziers hat Frau Babett v. Bülow allerdings aus der Welt eigener Beobachtungen geschöpft, wenn sie daran ging, uns unternehmungskecke Leutnants als kühne Herzenseroberer oder brave Fähnrichs gar als „Erzieher“ vorlauter Backfischchen zu schildern, und die große Lebenswahrheit und frische Natürlichkeit, welche diese humoristischen Novellen und Skizzen auszeichnen, machen den Irrtum begreiflich, der in der Verfasserin einen Mann vermutete, welcher selbst Offizier sei. Dieselbe Lebenswahrheit und Natürlichkeit hat der Humor der Verfasserin denn auch in jenen zahlreichen anderen Novellen entfaltet, die von der Beobachtungsschärfe liebevoller und sorgsamer Mutter- und Hausfrauenaugen zeugen, in den „Skizzen aus dem Familienleben“ und „Skizzen aus dem häuslichen Leben“, von denen einige der reizvollsten die „Gartenlaube“ veröffentlicht hat.

Babett von Bülow ist aus Schlesien gebürtig, und die heitere Sinnesart, die dort heimisch ist, gepaart mit feiner Satire, spiegelte sich gleich in den ersten Erzählungen, die ihr Pseudonym „Hans Arnold“ bekannt gemacht haben. Ihr Vater war der Breslauer Professor Felix Eberty, der durch seine Biographien Walter Scotts und Lord Byrons allgemeiner bekannt ist und dessen „Jugenderinnerungen eines alten Berliners“ beweisen, daß auch ihm eine kräftige humoristische Ader verliehen war. Ihre Mutter war die Tochter des Gutsbesitzers Henry Hasse in Cunersdorf bei Hirschberg in Schlesien und durch manche Beziehung wurde das Mädchen, welches in Breslau heranwuchs, auch mit dem Landleben vertraut.

Die Lust zum Fabulieren regte sich früh in ihr; als sie sich am 10. Juni 1876 mit dem damaligen Leutnant von Bülow verheiratete, hatte sie schon mancherlei geschrieben. Wie die meisten Offiziersfrauen, ist auch Frau v. Bülow viel in der Welt herumgeworfen worden; ihr Gatte, der heute Major in Stettin ist, hatte zweimal Breslau, zweimal Berlin, dann Straßburg, Engers a. Rh., Hannover und Erfurt zur Garnison. Die Fülle an feinen Beobachtungen und originellen Zügen, welche die drolligen Backfische und braven lustigen Jungen in Hans Arnolds Geschichten aufweisen, würde wohl kaum vorhanden sein, wenn das Familienleben der Dichterin nicht von eigenen Kindern belebt wäre; sie hat deren vier. In neuerer Zeit hat sich Hans Arnolds Muse auch ernsten Stoffen zugewandt. Die in diesem Hefte der „Gartenlaube“ zum Schluß gelangende Novelle „Galeerensklaven!“ zeigt aufs neue, wie die scharfe Lebensbeobachtung und tiefe Menschenkenntnis der Verfasserin sich in tragischen Seelenbildern ebenfalls mit packender Wirkung bewähren. Auch Lustspiele hat sie geschrieben, die beiden Einakter „Geburtstagsfreuden“ und „Zwei Friedfertige“ und das dreiaktige „Theorie und Praxis“. Sie sind bewegt von demselben frischen Humor, der ihre meisten Novellen und Skizzen zu einer so herzerquickenden Lektüre macht.

Das Deutsche Repräsentationshaus für die Pariser Weltausstellung. (Zu dem Bilde S. 757.) Auf dem Quai d’ Orsay in Paris, in dessen Umkreis gegenwärtig tausend Hände geschäftig sind, die Paläste aufzuführen, in denen die Kulturnationen der Welt im nächsten Jahre ein Bild ihres höchsten Leistens und Könnens darbieten werden, ist das Repräsentationsgebäude des Deutschen Reichs bereits im Rohbau vollendet. Mit dem über 60 m hohen Turm, seinem reichen Giebelwerk und den steil ragenden Dächern ist seine Erscheinung schon jetzt eine charakteristisch deutsche. Nach dem Entwurf des Bauinspektors Johannes Radke, dessen Ausführung der Baufirma Philipp Holzmann u. Komp. übertragen wurde, wird der Turm eine teilweise patinierte Kupferbedachung erhalten, die Hauptfronten sollen malerisch geschmückt und die Dächer mit Ziegeln in kräftigem Rot gedeckt werden. In Ausführung von Beschlüssen, welche persönlich vom deutschen Kaiser gefaßt wurden, sollen die im Hauptgeschoß nach der Seine zu gelegenen Räume mit Gemälden und Möbeln ausgestattet werden, welche aus dem Besitze Friedrichs des Großen stammen und dessen Vorliebe für die Kunst Frankreichs bezeugen. Das Mobiliar wird aus den erlesensten kunstgewerblichen Stücken des Potsdamer Stadtschlosses, von Sanssouci und dem Neuen Palais zusammengestellt werden. Dieser Ausschmückung soll die architektonische Ausgestaltung der Säle entsprechen. Selbst die berühmte Bibliothek Friedrichs des Großen in Sanssouci wird in einem Eckraum eine wenn auch bescheidene Nachbildung erfahren. – Doch auch die Kultur des heutigen Deutschen Reichs soll in dem Repräsentationshaus eine angemessene Vertretung finden. Das deutsche Buchgewerbe als Organ des geistigen Lebens der Nation und die graphischen Künste werden mit ihren Ausstellungen diese Mission gewiß aufs würdigste erfüllen. Die gewaltigen Fortschritte, welche Deutschland heute auf sozialem Gebiete aufweist, finden in einem anderen Raum künstlerische Veranschaulichung. Durch Gemälde, Modelle und graphische Darstellungen soll ein übersichtliches Bild der besten Einrichtungen auf dem Gebiete der öffentlichen Wohlfahrtspflege und der Fürsorge für die minderbemittelten Klassen hergestellt werden. Den Willkommen bietet den Besuchern im Untergeschoß, das sich in offenen Arkaden nach der Seine öffnet, die Kollektivausstellung des deutschen Weinbaus, mit welcher ein deutsches Weinrestaurant verbunden sein wird.

Der Abschiedskuß. (Zu dem Bilde S. 761.) Sie gehört nicht zu den vergnügungssüchtigen Müttern, die junge Frau im lichten Putz und kostbaren Pelzmantel; sie bleibt am liebsten, auch wenn sie ihr herziges Mädelchen zu Bett gebracht hat, daheim und findet das behagliche Geplauder mit ihrem Mann am eigenen Theetisch viel unterhaltender als das Gespräch in Gesellschaft. Ehe ihr Liebling entschlummert, pflegt sie noch einmal an sein Bett zu gehen, zu einem letzten Gutenachtkuß. Darum ist der Abschied, wenn Mutter einmal mit dem Vater doch in Gesellschaft geht, eine sehr schwere Sache. Ach, wie gern möchte Klein-Gertrud die schöne Mama dabehalten – sie giebt sich kaum halb mit dem Versprechen zufrieden, daß der Papa etwas sehr Süßes für sie beim Nachtisch einstecken wird! … Und obgleich die Frau Doktor ihr Kind wohlgeborgen weiß in der Hut des treuen Mädchens, wird ihr doch mehr als einmal heute abend sein flehender Abschiedsblick einfallen, und sie wird sich unter Gläsergeklirr und Redegeschwirr heimlich auf den Augenblick des nächsten Morgens freuen, wo sie den frischerwachten Liebling in die Arme nehmen und voll Mutterwonne sein rosiges Gesichtchen küssen kann.

Edelsteinfarben. Auffallenderweise sind die Farben der durch ihre Härte und chemische Beständigkeit ausgezeichneten Edelsteine dennoch nicht vollkommen unveränderlich oder lichtecht. Smaragd, Saphir und Rubin, die hervorragendsten Vertreter der farbigen Edelsteine, leiden unter dem Lichte zwar am wenigsten, lassen aber bei langdauernden Versuchen doch einen Einfluß desselben erkennen. Man hat z. B. einen Rubin zwei Jahre lang in einem hellen Schaufenster liegen lassen und beobachtet, daß er während dieser Zeit merklich heller geworden war als ein ihm vorher genau gleichgefärbter Stein, den man aber im Dunkeln aufbewahrt hatte.

Granat und der goldgelbe Topas verändern sich schneller; während letzterer am Lichte verbleicht, wird der dunkelrote Granat allmählich trübe und matt und verliert viel von dem Feuer, das die frisch geschliffenen Steine besitzen. Die Farbe des Opals rührt von unzähligen mikroskopischen Sprüngen und Rissen in seiner Masse her, welche aus wasserhaltiger Kieselsäure besteht und in der Natur zweifellos durch sehr langsame Eintrocknung einer Kieselsäurelösung gebildet wurde. Dem Träger eines solchen Steins ist es infolgedessen sehr anzuraten, ihn vor Wärme sorgfältig zu behüten, z. B. die Hand, an welcher er sitzt, nicht allzunahe an ein offenes Feuer oder einen heißen Ofen zu bringen, weil die Austrocknung des Steines unerwünscht weitergehen und ihm sein Farbenspiel wieder entziehen könnte.

Sehr empfindlich sind auch Perlen, deren Grundsubstanz kohlensaurer Kalk, mit einer schleimigen oder hornigen Ausscheidung der Perlmuschel verbunden, bildet. Abgesehen von ihrer großen Sprödigkeit, sind sie auch nicht unnötig anzufassen, da die im Schweiß der Hand enthaltenen Säuren lösend auf den kohlensauren Kalk wirken und die Glätte und damit den eigenartigen Schimmer der Oberfläche zerstören. B.     


Herausgegeben unter verantwortlicher Redaktion von Adolf Kröner in Stuttgart. Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger G. m. b. H. in Leipzig.
Druck von Julius Klinkhardt in Leipzig.
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verschiedene: Die Gartenlaube (1899). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1899, Seite 772. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1899)_0772.jpg&oldid=- (Version vom 27.4.2023)