Seite:Die Maschine des Theodolus Energios 009.png

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wolkiger Dunst erfüllte sie, der immer dichter und dichter wurde; plötzlich bildeten sich an der durchsichtigen Wandung Tropfen, die immer zahlreicher wurden und schließlich fast die Hälfte der Vorlage mit einer leicht beweglichen, scheinbar lebhaft siedenden, schwach opalisierenden Flüssigkeit anfüllten.

»Was mag das für ein chemischer Stoff sein, der sich da vor unseren Augen bildet?« fragte ich.

Mein Freund zuckte die Achseln und wollte eben etwas erwidern. Da ertönte ein betäubender Knall, der uns auf Minuten die Besinnung raubte!

Als wir uns wieder fanden, heil und unverletzt, fielen unsere Blicke auf den geheimnisvollen Apparat.

Er stand – scheinbar unberührt – noch auf seinem alten Platze. Noch immer wanderte der Zeiger!

Aber die eine der gläsernen Vorlagen war durch die Explosion von dem Dynaminbehälter losgerissen und in Stücke zerschmettert worden!

»Woher kam die Explosion?« fragte ich den Freund. Er antwortete nicht; sein Auge hing wieder an dem Apparat.

Hatten wir doch unrichtig experimentiert? War die Übergehung der elektrischen Vorrichtung der Maschine doch ein Fehler gewesen, der ihre Energie zu rasch gesteigert hatte? Oder – war in der Maschine noch von früher her ein Kraftvorrat aufgespeichert, der ihr nun verderblich wurde?

Ich weiß es nicht.

Dicht vor mir auf dem Fußboden lag ein größeres Stück der zersprungenen Phiole. Ich bückte mich, um es aufzuheben. Dabei lockerte sich meine Gesichtsmaske; ich nahm sie ab, um besser beobachten zu können.

Mit einem Ausruf der Verwunderung gab ich das Bruchstück meinem Freunde.

Die ganze Innenwand des Scherbens war mit phosphoreszierenden Kristallen übersät!

Und diese Kristalle lebten!

Unaufhörlich änderten sie Form und Größe, wuchsen und wanderten! Es gelang meinem Freunde, einen der größten schnell beweglichen Kristalle mit der Pinzette zu fassen. Er legte ihn in seine hohle Hand. Aber auch hier wechselte das wunderbare Gebilde unaufhörlich seine Lage.

Er faßte den Kristall mit den Fingerspitzen.

»Er ist elastisch!« rief er, ihn mir in die Hand legend.

Ich prüfte ihn auch und schloß die Hand fest zusammen. Mir war, als ob ich ein lebendes Etwas in den Fingern hielte, das sich gegen die Einsperrung sträubte.

Empfohlene Zitierweise:
Carl Grunert: Die Maschine des Theodulos Energeios. Stuttgart: Union Deutsche Verlagsgesellschaft, 1912, Seite 9. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Maschine_des_Theodolus_Energios_009.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)