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Rochus von Liliencron: Die historischen Volkslieder der Deutschen vom 13. bis 16. Jahrhundert Band 1


Hamburg, Hamburg, des geb ich dir den preis,
die sereuber worden auch nun so weis,
umb deinet willen musten sie sterben,
des magstu von golde eine krone tragen
den preis hastu erworben!


Der frühste Druck des Liedes, welches uns in seiner ursprünglichen niederd. Form leider nicht erhalten ward, ist von 1550. Dass es frühere Drucke gab, geht aus seinem Verhältnis zu den späteren Drucken hervor, welche nicht aus dem Druck von 1550, sondern mit ihm aus einer gemeinsamen Quelle stammen. Denn diese Drucke zeigen eine Reihe kleiner Abweichungen von einander, hinter denen offenbar der selbe Text steht, an dem jeder auf seine Art bessert.

A = 4 Bl. 8o. o. O. u. J. (Sommer in Regensburg c. 1550) Weller Ann. I. 125. B = 4 Bl.8o. Augspurg durch Valentin Schönigk. (ca. 1580) Wiener Hofbbl. Sa 7 D. 59. Weller Ann. II S. 534. C = Venusgärtlein allen züchtigen Jungfrauen und Junggesellen zu Ehren. Hamburg 1659. D = Frankfurter Liederbuch von 1582. Nr. 215. E = Frankfurter Liederbuch von 1599. F = 4 Bl. 8. Magdeburg, Wilhelm Roß, o. O. (c. 1600). Weller Ann. I. 125. Die Ausgabe des Frankf. Liederbuchs von 1584 und das Erfurter Liederbuch von 1618 habe ich nicht verglichen; auch einen Abdruck in „Lustige Gesellschaft“ S. 182, vgl. Ztschr. d. Ver. f. hamb. Geschichte II. 597, habe ich nicht gesehen.

Neugedruckt ist das Lied aus A in Möhlmann: Archiv f. Fries.-Westfäl. Gesch. u. Alterthumskunde. I. 49. Aus C in Canzler und Meißner Quartalschrift f. ältere Litter. und neuere Lectüre II. Jahrg., 1 Quart. S. 29.; daraus Wunderhorn 2, 167 (2te Ausg. 2, 162); Wolf S. 693; Erlach 2, 314. Aus D (außer der Bergmannschen Ausgabe des „Ambraser Ldb.“) in Ztschr. d. Ver. f. Hamburg. Gesch. u. A. II. 286. – Aus E bei Hildebrand, Nr. l.

Sagittarius erwähnt in seiner Fortsetzung der Brambekischen Chronik von Hamburg a. a. 1402, er habe als Knabe das Lied oft singen hören. Der Anfang habe gelautet:

Störtebeker un Gütke Micheel
sünt een Paar Rövers glikedeel.

Aber noch in unserm Jahrhundert hörte Möhlmann (l. c. S. 48) einige Fragmente des Liedes von einer alten Frau, die ihm versicherte, in ihrer Jugend das ganze Lied oft gesungen zu haben. Was sie erinnerte, lautete so:

Störtebeker und Güdje Micheel
sünd een Paar Rovers glikedeel.
Se roven so lange bet Gott verdrot,
Do leden se grot Schande und Not.
Do quam de bunte Koe von Flandern.

Die in dem Lied von 1609 (s. Einl. 211,1,) erhaltene erste Strophe lautet:

Störtebeker und Godeke Micheel
de roveden beide tho gliken deel
tho water undt tho lande,
so lange dat idt Gott vom hemmel verdroth,
do mosten se liden grote schande.

Dem Text A mag der Vorrang bleiben, den ihm sein Alter gibt. Wo sich aber aus den andern Texten die ältere Lesart ergab, mußte sie der von A vorgezogen werden. Die Lesarten gebe ich vollständig.

1, 1. Störtzenbecher B E. Störtebecher C. Störzenbecker D. Gödige B. Gödte C. Gödeke D. Goldecke E. 1, 2. zu gleichen A. auff gleichen E. 1. 3. nit D. 1, 4. im Himmel B. D. vom C. l, 5. das A. drumb B. 2, 1. zohen B. für BDE. heidischen A. 2, 2. wolen A. 2. 3. sein BDE. 2, 4. und splissen C. und krischen DE. zwey C. thier C. dern DE. 2, 5. das hamb. Bier B. das fehlt CDE. 3, l. St. sprach sich a. z. h. BDE. (dies wird wol trotz der Uebereinstimmung von AC die alte Lesart sein). 3, 2. Westsee C. ist uns B. 3, 4. Hamborg A. ebenso 4, 2 u. s. w. 3, 5. die sollen das gelach C. wol bez. A. 4, 1. ostwart DE. bei langes B. langst C. neben DE. leiß B. lick C. leick DE. 4, 2. thu nur A. nun fehlt C. 4. 3. nicht C. 4, 4. bei ihr C. bey dir auch wöllen th. DE. 4, 5. jetzt st. bald DE. 5, 1. und das erhört ein CDE. 5, 2. er st. der E. was D. einem fehlt C. 5, 3. in C. gen D. eingeloffen A. gelauffen C. 5, 4. er fehlt B. 5, 5. den rath fand er. CDE. hauffe A. 6, 1. ihr lieben C. 6, 2. für einen sp. B. auff ohne sp. DE. 6, 3. euch jetzt. B. wil verkünden. DE. 6, 4. hant darbei B. nahe bey C. gar nahe hierbey DE. 6, 5. wilder awe A. wilder awen B. wilder have C. (woraus bei Wolf „hare“ geworden ist) wildem hafen D. wilden hafen E. d. i. Haff. mhd. hab, (Hafen) altn. haf (Meer). ABC kannten offenbar das Wort nicht, und halfen sich mit Au. 7, 1. euch hart für C. (es ist das aus 6, 3 entfernte „hart“.) 7, 2. das AC. edlen fehlt BDE. 7, 3. da DE. ann sande C. 7, 5. das A. große fehlt C. 8, 1. all fehlt DE. 8, 2. guter A. hie

Empfohlene Zitierweise:
Rochus von Liliencron: Die_historischen_Volkslieder_der_Deutschen_vom 13. bis 16. Jahrhundert Band 1. Verlag von J. C. W. Vogel, Leipzig 1865, Seite 214. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_historischen_Volkslieder_der_Deutschen_(Liliencron)_I_214.gif&oldid=- (Version vom 8.6.2018)