Seite:Eichhorn Einsegnungsunterricht 1917 029.png

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V.

Dieselbe läßt sich aber auch noch erweisen durch die Verderbnis des christlichen Standes überhaupt. Da wäre viel zu sagen über die Veräußerlichung des ganzen Gottesdienstes. Wir wollen nur auf eines hinweisen, auf das Klosterwesen, das uns auch einigermaßen auf den Anfang der Diakonie hinführen kann. Es ist merkwürdig, daß das Aufkommen des Klosterlebens im Abendland besonders geschah in Verbindung mit dem Versuch, ein entschiedenes Christentum zu retten. Als durch die Zuwendung des Kaisers zum Christentum die Welt in Scharen in die Kirche eindrang, haben viele ernste Christen dieser Entwicklung der Dinge auszuweichen versucht. Man bildete Gemeinschaften neben der Kirche wie die Montanisten und Donatisten, und innerhalb der Kirche suchte man ein entschiedenes gläubiges Christentum zu retten dadurch, daß man als Einsiedler in die Einsamkeit oder in Gemeinschaft mit andern ins Kloster sich begab. Wir verkennen nicht, daß die Klöster, zumal in Deutschland, seinerzeit große Verdienste gehabt haben; sie waren die Missionsanstalten, sie waren die ersten Schulen, die Stätten für Kunst und Wissenschaft, sie haben für Kultivierung, für Getreide- und Obstbau in Deutschland Großes getan. Aber sehr bald fielen sie der Entartung anheim, sie wurden reich und damit üppig. In verschiedener Weise suchte man dem entgegenzuarbeiten. Zuerst indem man die einzelnen Klöster in größere Verbände zusammenfaßte, wodurch man die Zucht zu heben und der Verweltlichung zu wehren suchte. Als das nicht half, wurden die Bettelorden gegründet, die nicht nur auf persönlichen Eigenbesitz, sondern auf Besitz der Klöster selbst verzichteten. Das sind die Franziskaner, Dominikaner und Augustiner. Aber auch diese Bettelorden sind in schlimmster Weise entartet, sodaß die Bettel-Mönche für das Land eine wahre Plage wurden. Aber es hat das Klosterwesen für den ganzen christlichen Stand eine schädigende Wirkung gehabt. Der gottgeordnete Berufsstand wurde gering geachtet, das Klosterleben galt als höherer Stand. Besonders an der Geschichte des Diakonissenberufs läßt es sich zeigen, wie schädigend das Klosterleben wirkte. In den ersten Jahrhunderten war das Diakonissenwesen in Blüte, besonders in der Morgenländischen Kirche wie etwa unter Chrysostomus, gestorben 407, der der gewaltigste Prediger der Morgenländischen Kirche war, ein vortrefflicher, ernster Mann, ein Zeuge Christi gegenüber dem entarteten Hof der griechischen Kaiser. Er hatte sich eine Anzahl Diakonissen zur Hilfe herangezogen, unter welchen Olympias, eine reiche Witwe, die hervorragendste war; die nachdem sie ihren Mann verloren hatte, im schönsten Schmuck heiliger Liebeswerke wandelte. Wodurch ist nun der Diakonissenberuf in der Christenheit zurückgedrängt worden? Besonders