Seite:Eichhorn Einsegnungsunterricht 1917 051.png

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aus Rotterdam, ein zwar begabter und gelehrter, doch eitler, selbstgefälliger und auf das Menschliche nur sich stützender Mann. Ihm war es der größte Anstoß, daß Luther aus Anlaß eines Kampfes mit dem König Heinrichs VIII. von England die völlige Unfähigkeit des Menschen lehrte, selbst sein Heil zu schaffen oder auf das Heil sich zu bereiten. Und so griff er Luther an im Jahre 1524 in einer Schrift über den „Freien Willen“. Luther wartete ein volles Jahr bis er ihm antwortete, da er nicht in Heftigkeit des Augenblicks antworten wollte. Aber seine Absage Erasmus gegenüber war gründlich. So hat Luther auch die Zustimmung und Unterstützung der Humanisten abgelehnt. Er hat auch hier falsche Stützen nicht gewollt.

Man kann dasselbe auch sagen – wovon jetzt nur kurz geredet sein soll – von dem Verhältnis zu den Schweizer Reformatoren, den Begründern der reformierten Kirche. Sie standen ihm nahe, aber ihr Ausgangspunkt war ein ganz anderer. Sie machten Luther den Vorwurf, daß er auf halbem Wege stehen geblieben sei, weil er so vieles, was die mittelalterliche Kirche Gutes hatte, beibehielt. Denselben Vorwurf haben ihm von andern Gesichtspunkten aus die Schwarmgeister gemacht. Sie sagten auch, Luther bleibe auf halbem Wege stehen, nämlich deshalb, weil er sich zu sehr durchs Wort der Schrift knechten lasse, aus der Schrift somit einen papiernen Papst mache, während sie den Geist hätten der ihnen unmittelbar eingebe, was zu glauben und zu lehren sei. Die Reformierten sind ja unendlich höher zu stellen als diese Schwarmgeister und es wäre sehr nahe gelegen, sich mit ihnen zusammenzuschließen. Derjenige Fürst der Reformationszeit, der am meisten Staatsmann gewesen ist, Philipp von Hessen, und dem Kaiser darin ebenbürtig war, hatte den höchsten sehnlichen Wunsch, man möchte sich mit den Schweizern einigen, da man dann anders dem Kaiser gegenüber treten könne, zumal die mächtigen oberschwäbischen Städte Ulm, Augsburg und Straßburg nach reformierter Seite hinneigten. Luther hat auch da keine falsche Stützen gewollt. Er gab bei der Besprechung in Marburg 1529 nach, soweit nachgegeben werden konnte und hat es besonders später bei der Wittenberger Konkordie ebenso gemacht: in der Form nachgegeben, was möglich war, in der Sache aber nicht. Er blieb in Marburg, Zwingli gegenüber bei dem Ausspruch: Ihr habt einen andern Geist als wir. In diesem Ablehnen falscher Stützen ist Luther ganz besonders groß, darum ist er gerade das auserwählte Rüstzeug für die Reformation gewesen.


III.

Aber am allermeisten ist er es doch durch das geworden, wovon wir weiter reden wollen, durch sein Gründen allein auf die Schrift. Besonders in den Kämpfen gegen die Irrlehre und