Seite:Eichhorn Einsegnungsunterricht 1917 094.png

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ins Lateinische, Itala genannt; diese wurde von Hieronymus unter dem Namen Vulgata verbessert und galt als die kirchlich anerkannte Bibelübersetzung. Das Konzil von Trident erklärte sie für die „authentische“ Uebersetzung, nach der auch alles Schriftverständnis sich zu richten habe. Eine solche Vulgata ist es gewesen, die Luther in der Klosterbibliothek in Erfurt fand und in der er erstaunt sah, daß die Bibel mehr enthielt als die Evangelien und Episteln, die ihm bisher allein bekannt gewesen waren. Bibelübersetzungen ins Deutsche hat es vor Luther auch schon gegeben; sie führen sich nachweislich auf Waldenser Kreise zurück. Man kennt jetzt 14 hochdeutsche und 6 niederdeutsche; einige davon scheint Luther auch gekannt und da und dort gebraucht zu haben, obwohl er sich darüber nie ausgesprochen hat. Die Uebersetzungen waren nur nach der lateinischen Bibel gefertigt, also aus der Vulgata genommen, nicht aus dem Urtext und meist in sehr schlechtem und unverständlichem Deutsch. Luther veröffentlichte im Jahre 1534 die ganze Bibel. Die letzte Ausgabe von seiner Hand, nochmals überarbeitet 1545, ist die bei uns hauptsächlich gebrauchte, freilich jetzt nicht ohne Revision derselben, die nicht durchweg gelungen ist. Unablässig hat er an diesem Werk gearbeitet einen großen Teil seines Lebens, man kann sagen 23 Jahre hindurch. Ueber die Wichtigkeit der Bibelübersetzung, die Luther seinem Volk gab, brauche ich kaum etwas zu sagen; erwähnt muß nur werden, daß sie auch sprachgeschichtlich eine bedeutende Tat war. Luther ist anerkanntermaßen durch die Bibelübersetzung der Begründer der jetzt noch geläufigen sogenannten neuhochdeutschen Schriftsprache geworden. Aber wie wichtig ist die Bibel auch für den Gottesdienst. Luther hatte gemeint, es stünden nur die Evangelien und Episteln in der Bibel; nun kann das Volk die Bibel ganz und völlig haben. Luther hat für den Hauptgottesdienst sich an Evangelium und Epistel halten wollen, so aber, daß er dringlich verlangt, daß in den Wochengottesdiensten fortlaufend über ganze Bücher der heiligen Schrift gepredigt werde, damit die heilige Schrift ihrem ganzen Inhalt nach der Gemeinde bekannt werde.

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Zur Bibel gesellt sich das Predigtbuch. Die Predigt, die es von Anfang an gab, war allmählich zu sehr zurückgetreten. Merkwürdig, daß Karl der Große besonders auf die Predigt hingewirkt hat und er war es, der durch Alkuin, seinen geistlichen Berater, das sogenannte Homiliar Karls d. Gr. veröffentlichen ließ, ein lateinisches Predigtbuch. Die Festsetzung der Perikopen, die wir im wesentlichen mit der katholischen Kirche gemein haben, stammt aus diesem Werke. Bis dahin hat man fortlaufende Lesung der Schrift gehabt. So knüpfte Luthers Werk an das Werk des Mannes an, von dem man sagen kann, daß durch ihn das Christentum im deutschen Volk eigentlich erst herrschend geworden ist. Karl der