Seite:Ficker Vom Reichsfürstenstande 012.jpg

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Grundlage, so schien es eine von vorgefassten Meinungen möglichst wenig beeinflusste Auffassung der Verhältnisse wesentlich zu fördern, wenn ich mir dieselbe absehend von älterer und neuerer Theorie lediglich auf Grundlage einer Vergleichung der in den verschiedenen Denkmalen jener Zeit hervortretenden Aeusserungen des tatsächlichen Rechtslebens selbst zu bilden suchte. Ist ferner nicht zu verkennen, dass die Forschung auf dem Gebiete der Rechtsgeschichte sich häufig mit einem beschränkten Vorrathe von Quellenstellen begnügt, mehr bemüht um die richtigere Auslegung derjenigen, welche gleichsam traditionell den einzelnen Lehren zum Stützpunkte dienen, als um ihre Mehrung und um die Untersuchung, ob sie die geeignetsten seien, so ergab sich aus der umfassenden Durchsicht der Quellen, wie sie mein Vorgehen nöthig machte, eine Menge Belegstellen, welche für diese Zwecke nie herangezogen waren und nicht selten zeigten, wie wenig die bisher benutzten eine genügende Einsicht zu vermitteln geeignet waren, wie oft ganz unzuverlässige, auch geradezu unechte Stellen traditionell den Hauptbeleg für einzelne Punkte gebildet haben. Auch den Vortheil bot mein Vorgehen, dass es sich, wie im Stoff, so auch in der Methode der Behandlung unabhängiger von der bei entsprechenden Gegenständen früher angewandten halten konnte, als da der Fall zu sein pflegt, wo nicht der urkundliche Stoff selbst, sondern die bisherigen Verarbeitungen desselben den Ausgangspunkt bilden, erst von ihnen zum Zwecke der Ergänzung oder Widerlegung zu den Quellen selbst übergegangen wird; auf manche wichtige Frage, auf manches Mittel zur Lösung derselben würde ich kaum verfallen sein, wenn ich betretenern Wegen gefolgt wäre. Bei Forschungen, welche nur den Werth von Vorarbeiten beanspruchen, wird man überhaupt der subjektiven Willkür in Behandlang des Gegenstandes freiere Bewegung gestatten können, wird es zweckmässig finden, wenn jeder die Sache so anfasst, wie er seiner Neigung und Befähigung nach sie am besten fördern zu können glaubt; die Sicherheit der endlichen Ergebnisse wird nur gewinnen, wenn sie auf verschiedenen Wegen erstrebt wurden. Und das wird auch bezüglich des schon in der Einleitung berührten Umstandes gelten dürfen, dass ich für die einzelnen Gegenstände der Untersuchung nicht so sehr die ursprünglichste Gestaltung derselben zu ermitteln suchte, um von ihr ausgehend die Weiterentwicklung zu verfolgen, sondern, wie es schon der Ausgangspunkt der Arbeit mit sich brachte, mir zunächst die Zustände in einem spätern Stadium der Entwicklung möglichst zur

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Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 12. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_012.jpg&oldid=- (Version vom 5.7.2016)