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Kaisers Bruder Bruno: qui tunc principatum totius regni post ipsum (imperatorem) tenebat.[1]

Besonders häufig sind entsprechende Ausdrücke in Flandern; so 1077: in exordio principatus nostri; 1081: qui tenuit principatum utriusque scil. Flandrensis et Hainocensis pagi; 1085: quia paternae haereditatis deo annuente obtineo principatum; 1119: tempore nostri principatus; 1120: cum divina providentia in principatum Flandriae me sublimasset; 1136: principante Theodorico Flandriae comite anno octavo principatus sui.[2] Ueberall liegt hier der Begriff der Herrschergewalt unter; auch wenn der Probst von Brügge 1089 zum exactor de omnibus reditibus principatus Flandriae bestellt wird, dürfte noch nicht nothwendig an das Land zu denken sein.[3]

In Böhmen und Mähren sind mir Beispiele aus früherer Zeit nicht bekannt; wenn sie sich auch finden sollten, so würde es auch hier nach Massgabe der früheren Erörterungen nicht nöthig sein, an den Reichsfürsten zu denken; der Begriff des Landesfürsten würde zur Erklärung ausreichen. Heisst es 1202 für Böhmen: qui illius terre tenet principatum; für Mähren 1203: (silvam) ad nostri principatus dignitatem pertinentem; ertheilt 1204 der Markgraf von Mähren den Johannitern Freiheiten in principatu nostro; sagt 1211 der König von Böhmen: in regno nostro et in principatu fratris nostri W. principis Moraviae[4], so finden wir wenigstens in den letzten Stellen bestimmt den Begriff des fürstlichen Gebietes; um diese Zeit finden sich dafür aber auch schon Beispiele aus andern Reichsländern.

So lange für die einzelnen Principes regni der Ausdruck Princeps 32 noch nicht üblich war, dürfen wir auch nicht erwarten, dass von ihrem Principatus die Rede sei. Vereinzelt, dem einfachen Wortsinne nach, konnte das allerdings eben so wohl der Fall sein, als wir vereinzelt fanden, dass ein Reichsfürst sich als Princeps des ihm untergebenen Sprengels bezeichnete; dahin möchte ich etwa ziehen, wenn 1136 der Markgraf von Oesterreich sagt: si quis de filiis ac nepotibus meis in posterum principatum obtineret[5]; hier schon an den Reichsfürsten zu denken, dürfte doch kaum zulässig scheinen.

Seit es nun üblich wurde, auch den einzelnen Reichsfürsten Princeps regni zu nennen, konnte man etwa auch seine fürstliche Stellung im Reiche, sein Fürstenamt oder die Gewalt, kraft deren er Reichsfürst war, vielleicht selbst das Gebiet, auf welches sich diese Gewalt bezog, als Principatus bezeichnen. Schreibt K. Konrad 1151 an den Papst, der Kölner Erzbischof könne ihm als Kanzler von Italien tam ex magnitudine sui principatus, quam ex diutina familiaritate sehr nützlich

sein[6], wo schwerlich an das Gebiet zu denken sein dürfte; bestätigt

  1. Hontheim 1, 295.
  2. Miraeus 3, 18. 1, 666. 2, 1137. 1, 679. 362. Hugo 2, 605.
  3. Miraeus 1, 359.
  4. C. d. Mor. 2, 13. 14. 22. 57.
  5. M. B. 28b, 321.
  6. C. Wibald. ep. 313.
Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 55. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_083.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)