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nachstehend erweisen. Andere, wie die Pfalzgrafen von Wittelsbach, finden wir allerdings oft unter den mächtigsten Fürsten, selbst Herzogen vorgestellt; dann aber wieder so oft hinter einfachen Grafen[1], dass kaum mehr an einen Rangunterschied zu denken ist.

Bei diesem häufigen Ineinandergreifen der durch einen Amtstitel 51 ausgezeichneten weltlichen Grossen, zu welchem noch das später zu erörternde Schwanken der Titel kommt, wird es wichtig sein, uns möglichste Gewissheit darüber zu verschaffen, ob auch die Grafen zu den Fürsten gehörten; würden wir, wie für spätere Zeiten, diese Frage verneinen müssen, so wäre es nach dem Gesagten sehr zweifelhaft, ob wir alle zu den höhern Klassen gehörigen als Fürsten bezeichnen dürfen. Hier zu möglichst sichern Grundlagen zu gelangen ist zugleich von um so grössern Gewicht, als die geänderte Stellung der Grafen uns das äusserlich greifbarste Kennzeichen einer Umgestaltung des Fürstenstandes bieten wird.

Dass die Grafen im allgemeinen zu den Reichsfürsten gehörten, ergibt sich zunächst daraus, dass, wenn in den Kaiserurkunden der Ausdruck Principes durch Angabe der unter ihn fallenden Klassen von Grossen näher bestimmt wird, nicht selten auch die Grafen aufgeführt werden. Belege aus den Jahren 940, 949, 966, 1005 führten wir bereits an.[2] Wir finden weiter in Kaiserurkunden 1015: ne ullus principum, ducum videlicet, marchionum, comitum vel aliorum quivis regni nobilium; 1054: consilio nostrorum principum archiepiscoporum, episcoporum, marchionum, comitum; 1063: regni nostri principum episcoporum, ducum, comitum consilio; 1077: duces et comites caeterique principes regni Teutonicorum; ob interventum principum nostrorum, episcoporum, comitum et aliorum fidelium; 1084: marchionibus et comitibus aliisque multis regni principibus.[3]

Demselben Sprachgebrauche begegnen wir häufig bei den Schriftstellern; so sagt z. B. Bernold zum J. 1081: Principes regni Teutonicorum, scilicet archiepiscopi, episcopi, duces, marchiones et comites.[4]

Dagegen finden wir in dieser frühern Zeit nie Principes und Comites in ähnlicher Weise nebeneinandergestellt, wie das bei den Principes and Nobiles nicht selten der Fall war. Heisst es in einem Privileg für die Abtei Pfäfers von 1161: omnibus nostris principibus, comitibus et baronibus, und consilio nostri senatus principum, comitum, nobilium et fidelium, so dürften diese Ausdrücke nur dazu dienen, die gewichtigen Gründe gegen die Echtheit der Urkunde zu stärken.[5]

Demgemäss werden denn auch, wenn Fürsten in den Kaiserurkunden namentlich aufgeführt werden, so häufig Grafen unter ihnen genannt,

  1. z. B. 1121–68: M. B. 29, 241. 242. 323. A. Palat. 1, 299. Lacombl. 1, n. 427. Guden 1, 130.
  2. Vgl. § 23.
  3. Schannat Trad. 246. M. G. 4, 42. 50. A. Palat. 3, 276. Herrgott 2, 127. Trouillat 1, 204.
  4. M. G. 7, 437.
  5. Herrgott 2, 184. Vgl. Schweiz. Reg. 1 d, 8. n. 45.
Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 75. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_103.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)