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principalis comitis Thuringie, occiditur. Ob quod Hermannus idem de Winzenburg reus majestatis effectus regis Lotharii gratia caruit et objectu fraudis ejusdem rex ipsi Thuringie principatum coram universitate copiosa per sententiam datam abjudicavit ac Ludewicum, predictum comitem ac lantgravium, cum vexillorum festiva exhibitione, uti moris est, imperatoria largitione solempniter extulit et cum tumultuoso preconio principis ei nomen optavit.[1] Fragen wir nun nach dem Werthe dieser Stelle, so gehen die Annalen allerdings zum Theil auf Aufzeichnungen aus dem Ende des zwölften Jahrhunderts zurück. Aber während die Form, in welcher sie uns zunächst vorliegen, gar in das fünfzehnte Jahrhundert gehört, erhielten sie ihre jetzige Gestaltung vesentlich durch eine kurz nach dem J. 1335 vorgenommene Verarbeitung älterer Aufzeichnungen, und schon der Herausgeber nimmt an, unsere Stelle sei nicht diesen letzteren entnommen, sondern ein Werk des Kompilators, welcher die Stelle der Erfurter Annalen: Ob quod idem Hermannus a rege Lothario deponitur et comes Ludewicus pro eo constituitur, in seiner Weise ausschmückte. Nehmen wir aber, so unwahrscheinlich das ist, um ganz sicher zu gehen an, die Stelle sei den ältesten der dem Kompilator vorliegenden Aufzeichnungen entnommen, so würde sie in das letzte Jahrzehent des zwölften Jahrhunderts gehören[2]; da aber kannte man bereits, wie wir sehen werden, eine Erhebung von Grafen zu Fürsten, und wir hätten einfach anzunehmen, dass der Schriftsteller sich die Erhebung in der Form vorgenommen dachte, wie sie zu seiner Zeit z. B. bei der Erhebung des Grafen von Hennegau zum Fürsten und Markgrafen wirklich angewandt wurde. Keine der ältern Nachrichten über dieses Ereigniss[3] weiss etwas von einer Erhebung zum Fürsten; heisst es in der kurz nach der Hälfte des Jahrhunderts geschriebenen Chronik von Goseck: cuius principatu comes Ludowicus sublimatur[4], so liegt auch darin nichts, was unsern frühern Ergebnissen widerspräche; es ist nicht, wie oben, gesagt, dass Graf Ludwig jetzt erst zum Reichsfürsten wurde, während eine Erhöhung überhaupt allerdings in dem Aufsteigen vom Grafen zum Landgrafen lag; ich möchte die Stelle nicht einmal zur Begründung der frühern Andeutungen entsprechenden Ansicht benutzen, dass in Sachsen zuerst auf den Fürstenstand in seiner spätern Auffassung Gewicht gelegt wurde. Von einer damals erfolgten Erhebung Thüringens zum Fürstenthume spricht übrigens nicht einmal die Stelle der Reinhardsbrunner Annalen.

69 Eine andere mehrfach für diesen Zweck angezogene Stelle ist die des Otto von S. Blasien, welcher bei Erzählung der Erhebung Oesterreichs zum Herzogthume 1156 sich des Ausdruckes bedient: Heinricus, filus Leopoldi, principis iure et ducis nomine et honore sublimatus.[5] Nun sagt aber weder der gleichzeitige Otto von Freising, noch,

  1. Ann. Reinhardsbr. ed. Wegele 24.
  2. Vgl. Vorrede XVIII.
  3. Zusammengestellt bei Pistorius 1. c.
  4. M. G. 12, 155.
  5. Böhmer f. 3, 585.
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Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 104. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_132.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)