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sondern ein Notariatsinstrument, in welchen sich ähnliche Unregelmässigkeiten nicht selten finden.

92 Das Aufhören eines solchen Gebrauches, welcher eigentlich schon dem frühern Verhältnisse gegenüber als Unregelmässigkeit erscheinen muss, kann für unsere Frage nur geringe Bedeutung haben. Da wir aber bereits nach den bisherigen Untersuchungen einen Hauptunterschied zwischen dem ältern und dem neuern Fürstenstande darin fanden, dass diesem letztern Grafen als solche nicht mehr angehören, so ist es wichtig, dass um dieselbe Zeit in der Reichskanzlei auch der Gebrauch, Grafen als Fürsten zu bezeichnen, aufhört.

Aus den ersten Jahrzehnden der Regierung K. Friedrichs I. konnten wir zahlreiche Belege dafür bringen, dass die Grafen in Kaiserurkunden den Reichsfürsten zugezählt wurden. So noch 1177 in der feierlichen Beurkundung des Friedens mit Sicilien neben dem Reichskanzler die Grafen von Groitsch, Holland, Dietz und Dürn, von welchen der letztere sogar nur ausnahmsweise den Grafentitel führt.[1] Dann werden die Zeugnisse schon unbestimmter. Im J. 1179 urkundet der Kaiser ex consilio principum imperii nostri; dürfen wir hier den Ausdruck Principes auf die aufgeführten Zeugen beziehen, so sind die angesehensten davon der Markgraf von Vohburg, der Burggraf von Regensburg und andere Grafen[2], von denen wir keinen als zu den spätern Fürsten gehörig erweisen können. Im J. 1180 im Januar bestätigt der Kaiser dem Patriarchen von Aglei seine Besitzungen ad interventum fidelium nostrorum, unter denen Kanzler und Protonotar, der bairische Pfalzgraf und die Grafen von Wirtemberg und Veringen; am Ende heisst es dann testes horum sunt praefati principes, et fideles nostri videlicet comes H. de Dietse u. s. w.[3]; es ergibt sich daraus wenigstens eine Unsicherheit im Gebrauche der Ausdrücke.

Das letzte bestimmtere Beispiel, welches ich nachzuweisen vermag, findet sich in einem, allerdings nicht in der Form feierlicher Urkunden abgefassten Schreiben des Kaisers, in welchem er den Untergebenen des Bischofs von Basel mittheilt, dass auf dem Reichstage von Gelnhausen im April 1180 ein Urtheil für den Bischof gefunden sei a cunctis principibus clericis et laicis qui aderant; am Schlusse heisst es: Principes vero, qui in confirmacione predictarum sententiarum convenerunt hi sunt: nämlich eilf Erzbischöfe und Bischöfe, der Kanzler Gottfrid, der Herzog von Limburg, dann fünfzehn Grafen und mitten unter ihnen drei Markgrafen und der Pfalzgraf von Wittelsbach, endlich die Herren von Urslingen und Boland, et multi alii liberi et ministeriales[4]; Ausdruck und Rangordnung wären doch sehr ungeschickt, wenn man die Grafen hier nicht unter den Fürsten mitbegreifen wollte.

Seit dem Jahre 1180 ist der Gebrauch, den Ausdruck Principes auch auf die Grafen zu beziehen, in den Kaiserurkunden nicht mehr

  1. M. G. 4, 159.
  2. C. d. Mor. 1, 302.
  3. Ughelli 5, 72.
  4. M. G. 4. 164.
Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 130. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_158.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)