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Hie and da finden sich allerdings auch früher die genaueren Ausdrücke Principes et fideles oder Principes et nobiles[1]; aber sie sind als Ausnahme zu betrachten, während es gewöhnlich schlechtweg heisst: petitione, sententia, consilio, consensu principum.

Solche Stellen finden sich noch mehrfach in Urkunden aus den Jahren 1179 und 1180, und zwar in Fällen, wo erweislich oder doch mutmasslich nicht bloss Fürsten im spätern Sinne des Wortes darunter begriffen werden dürfen[2]; in der Verbriefung des kölnischen Herzogthumes in Westfalen vom J. 1180 finden wir die Ausdrücke ex principum querimonia et nobilium, communi principum et totius curiae assensu, daneben aber werden auch schlechtweg die principes genannt.[3] Ebenso heisst es noch in der Constitutio de incendiariis vom J. 1187 im Anfange allerdings genauer consilio principum et aliorum fidelium nostrorum, tam liberorum, quam ministerialium, in der Endformel dagegen schlechtweg in praesentia principum consilio et consensu eorum.[4] Wo später noch in solchen Fällen nur Principes schlechtweg genannt werden[5], werden wir gewöhnlich nachweisen oder mit aller Wahrscheinlichkeit schliessen können, dass auch wirklich nur Fürsten in der späteren Bedeutung darunter zu verstehen sind, werden nur selten genöthigt sein, eine Ungenauigkeit im Ausdrucke annehmen zu müssen.

Dagegen können wir als Regel hinstellen, dass man etwa seit dem J. 1180 in der Reichskanzlei die beim Kaiser anwesenden Grossen verschiedenen Ranges nicht mehr als Principes zusammenfasste; es werden vielmehr von nun an, was früher nur ausnahmsweise geschah, in solchen Fällen dem Worte Principes regelmässig eine oder mehrere Ausdrücke zur Bezeichnung der Grossen niederen Ranges hinzugefügt. Theils um dieses zu beweisen, theils um weitere Kennzeichen für die Abgränzung des Reichsfürstenstandes zu gewinnen, werden wir die Ausdrücke, deren sich die Reichskanzlei zur Bezeichnung der über den Reichsdienstmannen stehenden Grossen bediente, genauer ins Auge fassen müssen; einige wurden bereits in der früheren Periode angewandt, andere treten jetzt erst auf.

94 Zu erstern gehört der Ausdruck Principes et fideles, der umfassendste von allen, da er niemanden ausschliesst. Wir wiesen ihn bereits um den Anfang des zwölften Jahrhunderts in Kaiserurkunden nach[6] und finden ihn wieder zur Zeit K. Friedrichs I.; so 1170: in praesentia principum et multorum aliorum fidelium nostrorum[7]; ähnlich 1177 und 1180[8]; von da ab dann auffallend häufiger.[9]

  1. Vgl. § 33. 37.
  2. 1179: C. d. Mor. 1, 302. 1180: M. B. 29, 435. 439. M. G. 4, 164.
  3. M. G. 4, 163.
  4. M. G. 4, 183.
  5. z. B. 1195. 1226. 1230: M. G. 4, 186. 258. 266. 1228: Guden 2, 56.
  6. Vgl. § 33.
  7. Herrgott 2, 188.
  8. M. G. 4, 159. M. B. 29, 433.
  9. 1182: Notizenbl. 1, 149. 1184. 93. 94: Lacombl. 1, n. 491. 539. 543. 1187: M. G. 4, 183. 1192: Martene coll. 4, 454. 1194: Quix 39. 1195: Or. Guelf. 3, 602. 1196: Miraeus 1, 289. Ludew. rel. 11, 592 u. s. w.
Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 160. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_160.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)