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Dagegen wird zu beachten sein, dass, wenn wir Princeps allein ohne nähere Beziehung gebraucht finden, nicht gerade nothwendig ein Reichsfürst darunter zu verstehen sei. Doch zeigten uns schon die früheren Erörterungen, dass, wenn man früher das Wort wohl in sehr verschiedener staatsrechtlicher Bedeutung gebrauchte, das wenigstens im Reiche im dreizehnten Jahrhunderte durchweg aufhörte; Princeps wird nur noch der Reichsfürst genannt und nur in einigen wenigen später zu erörternden Fällen werden wir Grund zu der Vermuthung haben, dass dem Worte eine andere Beziehung zu geben und es nicht als Kennzeichen des Reichsfürstenstandes aufzufassen sei.

Und nicht anders wird das bei dem Ausdrucke Principatus sein. Die Einzeluntersuchung wird ergeben, dass dieser in territorialer Beziehung nur für Gebiete gebraucht wurde, welche von Fürsten beherrscht wurden. Wichtig ist der Ausdruck für unsere Zwecke desshalb, weil nun dem einzelnen fürstlichen Gebiete auch wenn es mit andern unter einem Fürsten vereinigt wurde der Titel Principatus blieb und wir daraus auf den Stand der frühern Einzelherrscher, für welchen anderweitige Zeugnisse fehlen können, zurückschliessen dürfen.

Wir können jenen Satz natürlich nicht umkehren und im allgemeinen sagen, dass diejenigen, bei welchen der Fürstentitel nicht nachzuweisen ist, nur Magnaten waren. Mit ihren Amtstiteln werden die Grossen in den Kaiserurkunden allerdings so regelmässig aufgeführt, dass wenn wir einfach einen Henricus de Limburg, Otto de Luneburg oder Henricus de Hassia finden, der Schluss gerechtfertigt erscheint, dass man ihnen den Titel eines Herzogs oder Landgrafen nicht zugestehen wollte. Auf den allgemeineren Fürstentitel findet das keine Anwendung; dass der Kaiser bei Erwähnung eines Grossen das princeps noster dilectus hinzufügt, geschieht nun wohl häufiger, als im zwölften Jahrhunderte, aber doch keineswegs regelmässig. Werden aber in einer Zeugenreihe einer oder mehrere Grosse ausdrücklich als Fürsten bezeichnet, andere nicht, so wird dann freilich auch der umgekehrte Satz Anwendung finden können; heisst es in Urkunde von 1230: – L. dux Austrie et Stirie, B. dux Carinthie, O. dux Meranie principes nostri; Rapoto palatinus comes u. s. w.[1], so wird sich daraus eben so sicher, wie einerseits der Fürstenrang von Meran, so andererseits für den Pfalzgrafen die Stellung eines Magnaten ergeben.

108Bestimmter tritt das noch hervor, wenn Grosse als Principes von den Fideles geschieden werden. So eröffnen 1245 der römische König, die Bischöfe von Regensburg, Freising, Passau, Bamberg, die Herzoge von Meran und Kärnthen die Zeugenreihe als principes dilecti; es folgen dann als fideles nostri dilecti der Erzbischof von Palermo, der Markgraf von Montferrat und andere Grosse[2], welche wir demnach doch schwerlich den Fürsten zuzählen dürfen.

  1. Meiller 146.
  2. Warnkönig 1, 95.
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Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 145. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_173.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)