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nuper ab illustribus Alemannie principibus celebrate supradictus Gerardus archiepiscopus ordine prepostero seu turbato post venerabilem Boemundum Treverensem archiepiscopum tam scriptura quam figura positus invenitur, per errorem facti, quem in hoc parte scienter damnamus, ne trahatur ad consequentiam ullo modo.[1] War ein solches Versehen begangen, so suchte man es wohl in der Urkunde selbst noch zu bessern. Ritter haben den Rang vor Bürgern; nun erscheinen in einer Urkunde von 1282 hinter Bürgern von Minden noch: H. camerarius et B. de Spenthove milites honesti, licet casu sint ultimo nominati.[2] In Urkunde K. Konrads 1145 folgt auf mehrere Bischöfe: et precipue F. Magdeburgensis[3], wo für das ungewöhnliche precipue kein Grund abzusehen ist, wenn nicht der, dadurch die durch Nennung der Bischöfe vor dem Erzbischofe gestörte Rangordnung wieder auszugleichen. Aehnlich heisst es 1155 in einer Urkunde des Herzogs von Zähringen: Affuerunt huic donationi O. Basiliensis episcopus u. s. w. bis Petrus Gaufredi, E. de Riva, C. de Curara. Insuper dux Saxoniae interfuit et laudavit hoc donum Odoacer marchio de Stira.[4]

116Dürfen wir nun auch nicht bezweifeln, dass bei der Ordnung der Zeugen gewisse Regeln befolgt wurden, so stossen wir doch bei dem Versuche, dieselben aus den vorliegenden Urkunden zu ermitteln, auf die bedeutendsten Schwierigkeiten und Widersprüche. Es ergibt sich, dass nicht etwa nur in Urkunden verschiedener Regierungen die Art der Anordnung eine sehr verschiedene ist, sondern dass selbst in Urkunden, welche an demselben Tage ausgestellt sind, ja sogar in mehreren Ausfertigungen ein und derselben Urkunde die Stellung der Zeugen von einander abweicht.

Für letzteres gibt ein Beispiel der Gunstbrief K. Friedrichs für die geistlichen Fürsten vom J. 1220. In einer Ausfertigung ist die Ordnung der Bischöfe: der Reichskanzler, Bamberg, Regensburg, Eichstedt, Worms, Utrecht, Münster, Lüttich u. s. w. In einer zweiten fehlt der Reichskanzler, Utrecht und Lüttich treten vor Bamberg, Münster vor Worms,[5] Da alle bekannten Exemplare der ersten Ausfertigung der Mainzer, die der zweiten der Kölner Kirchenprovinz angehören, so dürfte in diesem Falle, wenn auch manches einzelne unklar bleibt, der allgemeine Gesichtspunkt einer Bevorzugung der Kölner Suffragane in der für Köln bestimmten Ausfertigung nicht zu verkennen sein; ist eine Abweichung vorhanden, so scheint sie doch keine willkürliche zu sein.

Um uns zu vergewissern, in wie weit die Rangordnung der Zeugen eine stätige oder eine nach bestimmten Regeln wechselnde oder aber eine willkürliche war, wird es vor allem wichtig sein, die Zeugenreihen von Urkunden zu vergleichen, welche gleichzeitig oder kurz nacheinander ausgestellt sind und in welchen eine grössere Anzahl von Zeugen wiederholt auftritt.

  1. Guden 1, 906.
  2. Scheidt 58.
  3. C. d. Westf. 2, 39.
  4. H. de Dauph. 2, 256.
  5. M. G. 4, 237. Note h.
Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 157. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_185.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)