Seite:Ficker Vom Reichsfürstenstande 232.jpg

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nostrorum et comitis de Anhalt nostri fidelis u.s.w.[1], sogar sehr bestimmt von den Fürsten unterschieden. Daraus aber etwa schliessen wollen, es seien inzwischen Verhältnisse eingetreten, durch welche der Graf den frühern Fürstenstand verloren, dürfte unstatthaft sein; denn in derselben Zeit wird er von der Reichskanzlei oft auch wieder aufs unzweideutigste als Fürst bezeichnet.[2] In den ältern Matrikeln findet sich Anhalt unter der Rubrik der Grafen und Herren, obwohl der Graf in gleichzeitigen Kaiserurkunden illustris princeps heisst[3]; in den Matrikeln seit 1545 nimmt er seine Stelle unter den Fürsten ein.

Wir werden um so eher geneigt sein, die Grafen von Anhalt zu den Fürsten zu zählen, da einerseits die so häufig hervortretenden bestimmtesten Kennzeichen des Fürstenstandes um so schwerer wiegen müssen, weil der ihnen zukommende Amtstitel in der Regel nicht mit dem Fürstenstande verbunden war, während andererseits eben desshalb die dagegen sprechenden Kennzeichen von geringerer Bedeutung erscheinen müssen; zählte man zuweilen, anscheinend nur durch den Titel veranlasst, einen Herzog von Teck oder Markgrafen von Baden zu den Fürsten, so lag es eben so nahe, einen fürstlichen Grafen durch den Titel veranlasst mit andern Grafen auf gleiche Stufe zu stellen.

157 In der Vorrede des Sachsenspiegels von der Herren Geburt heisst es: de von Anehalt, de von Brandeburch, de von Orlemünde, de marcgreve von Mysne, de greve von Brenen, diese vorsten sint alle Svavee. Die hier als Fürsten bezeichneten Grafen von Orlamünde stammten, wie die von Anhalt, aus dem askanischen Fürstenhause, die von Brene aus dem meissnischen, ebenso wie die schon 1207 und 1217 ausgestorbenen Grafen von Groitsch, auch nach Sommerseburg oder Landsberg[4] benannt, und Wettin. Wir fanden für diese nun schon früher Zeichen einer vor andern Grafen bevorzugten Stellung; zur Zeit des ältern Fürstenstandes werden sie zuweilen in Stellen zu den Fürsten gerechnet, wo das nicht bei allen Grafen der Fall ist; ihnen wird das Prädikat Illustris zuweilen in Urkunden gegeben, wo es andern Grafen versagt ist.[5] Aber schwerlich werden wir sie doch in gleicher Weise zu den Fürsten zählen dürfen, wie die Grafen von Anhalt. Wird der Graf von Orlamünde noch 1188 bestimmt als Fürst bezeichnet[6], steht er 1192 in Kaiserurkunde vor dem Markgrafen von Meissen[7], so gehören diese Zeugnisse einer Zeit an, wo die ältern Anschauungen noch mannichfach nachwirken mochten. Steht Orlamünde 1273 einmal vor Anhalt, so verliert das sein Gewicht dadurch, dass laut einer gleichzeitigen Urkunde die Reichskanzlei damals den Fürstenstand von Anhalt nicht beachtete.[8] Davon abgesehen wüsste ich bei den genannten Grafen

  1. Riedel 2, 216.
  2. 1348 u.s.w.. Riedel 2, 215. 217. 220. 232. 236 u.s.w.
  3. z. B. 1492: Beckmann 1, 134.
  4. M. B. 29, 505.
  5. Vgl. § 55. 58. 113.
  6. Vgl. § 55 n. 5.
  7. Schöttgen et Kr. 2, 171.
  8. Vgl. § 156 n. 22.
Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 204. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_232.jpg&oldid=- (Version vom 9.9.2019)