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182 Tuszien führte im zwölften Jahrhunderte durchweg den Titel einer Markgrafschaft; noch Herzog Welf bezeichnete sich als Markgrafen von Tuszien. Nach ihm findet sich 1188 ein Anselm als preses Tuscie, 1195 ein Albert als comes Tuscie.[1] Im J. 1195 belehnte dann K. Heinrich seinen jüngsten Bruder Philipp mit Tuszien, welcher nun den Titel dux Tuscie, auch dux Tuscie et dominus totius poderis comitisse Matildis[2], vereinzelt dux Etrurie[3], angeblich auch dux Tuscie et Campanie[4] führt. Dass er als solcher zu den Reichsfürsten zählte, wie der burgundische Pfalzgraf Otto, dürfte kaum zu bezweifeln sein: einen Beleg wüsste ich aber aus seiner kurzen Regierungszeit nicht beizubringen. Nach ihm wurde Tuszien nicht wieder verliehen; wir finden später nur Reichsvikare.

183 Als Herzog von Spoleto findet sich Konrad von Urslingen ziemlich regelmässig vor den Magnaten, auch den angesehenern, wie Istrien, Ronsberg, Baden, Ancona, aber eben so regelmässig hinter den Fürsten[5] und mehrfach auch hinter solchen, welchen wir den Fürstenstand nicht zulegen dürfen, wie den Markgrafen von Montferrat und Ancona, dem Präfekten von Rom, dem Reichslegaten Bertold von Kunigsburg.[6] Seit Otto und Philipp zu Gunsten des Papstes auf das Herzogthum verzichteten, erscheint der Titel an die Aenderungen in der Stellung der Kaiser zur Kirche geknüpft. Nach dem Zerfalle K. Otto’s mit der Kirche 1210 wird Diephold von Acerra Herzog von Spoleto, steht als solcher wohl vor Baden[7], aber auch hinter Grafen[8] und wird nicht als Fürst gelten können; nach dem Unterliegen Otto’s heisst er wieder Markgraf von Vohburg oder Hohenburg.[9] Seit 1218[10] führt dann Reinald, Sohn Konrads von Urslingen, den Titel eines Herzogs von Spoleto unter sofortigem Widerspruche des Papstes, welchen K. Friedrich durch die Angabe zu beruhigen suchte, es sei in Deutschland ein bedeutungsloser Brauch, wenn sich die Söhne von Herzogen, obwohl ohne Herzogthum, Herzoge nennen.[11] Reinald kommt oft in Kaiserurkunden vor und zwar mit den bestimmtesten Kennzeichen nichtfürstlicher Stellung. Nie finden wir ihn Fürsten vorgestellt, nur selten angesehenen Magnaten, wie Este, Baden, den Pfalzgrafen von Ortenburg[12]; dagegen steht er nicht allein hinter Montferrat, Baden, Hohenburg, Teck[13], sondern auch hinter Grafen[14] und Edeln[15] und mehrmals sogar hinter dem Reichsmarschall.[16] Aus der Regel des Nachfolgens italienischer Stände werden wir diese und ähnliche Fälle nicht erklären

  1. Margarin 2, 218. Ughelli 1, 460.
  2. Margarin 2, 227.
  3. Ughelli 1, 419.
  4. Innoc. reg. imp. ep. 29.
  5. 1183–99: Wirtemb. UB. 2, 232. Notizenbl. 2, 180. Glafei 145. M. G. 4, 194. Ludew. rel. 11, 600. 603. Reg. Phil. n. 15.
  6. 1185-95: Ughelli 1, 333. 457. 460. Notizenbl. 2, 371.
  7. Notizenbl. 2, 369.
  8. Reg. Ott. n. 109.
  9. Vgl. § 145.
  10. Huillard 1, 576. Vgl. Stälin 2, 588.
  11. Reg. Fr. n. 275.
  12. Reg. Fr. n. 572. 75. 76. 81. 86. 98. 661.
  13. Reg. Fr. n. 264. 435. 41. 49. Henr. r. 328.
  14. Reg. Fr. n. 277. 320. 370. 464.
  15. Huillard 1, 576. 728.
  16. Reg. Fr. n. 293. 376. 480.
Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 230. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_258.jpg&oldid=- (Version vom 29.1.2017)