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tocius Flandrie principatum solus hereditaria successione obtineret, ceteri vero fratres aut huic subditi dictoque obtemperantes ingloriam vitam ducerent, aut peregre profecti, magis propriis rebus gestis florere contenderent, quam desidiae ac socordiae dediti, egestatem suam vana maiorum opinione consolarentur. Jüngere Söhne erhielten auch hier später nie den Grafentitel; auch die Reichskanzlei beachtete das; auf dem Römerzuge K. Heinrichs VII. heissen in zahlreichen Urkunden die jüngern Brüder des Grafen Robert einfach Guido et Henricus de Flandria fratres[1], wie die jüngern Brüder des Grafen von Vienne einfach als Hugo et Guido Delphini fratres[2] bezeichnet werden. Denn, wie in Frankreich, so finden wir dasselbe Verhältniss in den burgundischen Reichslanden. Otto von Freisingen, von der Grafschaft Burgund sprechend, sagt ausdrücklich: Mos in illa, qui pene in omnibus Galliae provinciis servatur, remansit, quod semper seniori fratri eiusque liberis seu maribus seu foeminis, paternae haereditatis cedat auctoritas, caeteris ad illum tanquam ad dominum respicientibus[3]; dass das auch später eingehalten wurde, zeigt die Stellung der jüngern Söhne der burgundischen Magnatenfamilien. In Savoyen insbesondere berief man sich gegenüber dem Verlangen eines jüngeren Sohnes auf Theilung gerade in dem J. 1255, in welchem in Deutschland die erste Theilung eines Fürstenthumes im Widerspruche mit den Reichsgesetzen erfolgte, darauf: quod comitatus non debet dividi nec ducatus iuxta legem Frederici quondam imperatoris[4]; es gab denn auch nach der Erhebung immer nur einen Fürsten von Savoyen.

190In Italien wurde das bei den Magnatenfamilien nicht in derselben Weise eingehalten; so finden wir mehrere Brüder als Markgrafen von Este oder Pfalzgrafen von Tuscien; ganze Sippschaften führen den Amtstitel fort; so gibt 1311 zur Leistung des Treueides an K. Heinrich Vollmacht: Dominus U. de sancta Maria comes palatinus de Lomello potestas universitatis et singularium personarum domus et proieniey comitum de Lomello de conscilio et consensu dominorum P. et T. de Langusco et F. et G. de Sparoaria et R. Galvagni et B. de Mede et B. et U. de Cerreto omnium comitum palatinorum de Lomello.[5] Als es dann später durch Erhebung auch in Italien Herzogthümer und Fürstenthümer gab, ging das frühere Herkommen nicht auf diese über; nur der älteste Sohn führte den fürstlichen Titel. Bei der Erhebung wird ausdrücklich die Primogenitur festgestellt; so schon 1328 bei der Errichtung des Herzogthums Lucca: Volumus insuper, quod in praemissis ducatu seu vexilliferatu semper maior natu seu senior ex generatione tua ex te et successoribus tuis legitime descendentibus,

  1. Acta Henr. 1, 9. 12. 14. 15. 20. 21. 23 u. s. w.
  2. Acta Henr. 1, 4. 5. 6. 21. 23 u. s. w.
  3. Gesta Fr. l. 2. c. 29.
  4. Wurstemberger 4, 188.
  5. Acta Henr. 2, 130.
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Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 243. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_271.jpg&oldid=- (Version vom 8.9.2016)