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Stuhle in ihren Temporalien unterworfen wurden, eine Investitur durch den König oder einen Fürsten gar nicht stattfand. Dieses Verhältniss werden wir uns denn auch für das Bisthum Kamin massgebend zu denken haben. Eine Investitur durch das Reich ist weder zu erweisen, noch nach dem Gesagten irgend wahrscheinlich. Ausserdem wäre nur etwa an die Herzoge von Pommern zu denken, in deren Urkunden die Bischöfe sehr häufig als Zeugen erscheinen[1]; sie hatten auch grossen Einfluss auf die Wahl[2] und übten bis zur Säkularisation viele Hoheitsrechte[3]; aber von einem Rechte, den Bischof zu belehnen, ist nicht die Rede; 1240 erhält der Bischof vom Herzoge das Land Stargard, aber ohne Erwähnung eines Lehnsverbandes, während die dagegen bewilligten Zehnten dem Herzoge vom Bischöfe zu Lehen gegeben werden.[4] Beziehungen zum Reiche fanden wohl erst statt, seit Pommern überhaupt nach 1320 in den unmittelbaren Reichslehnsverband eintrat.[5] Hatte der Bischof keinen weltlichen Herren, so betrachtete man ihn nun wohl, ebenso wie das später bei den der römischen Kirche gehörenden Abteien der Fall war, für reichsunmittelbar, und die Reichskanzlei mochte keinen Anstand nehmen, ihn auf gleichem Fusse mit andern deutschen Bischöfen zu behandeln, ihn als Reichsfürsten zu betrachten. Führt der Bischof früher nie den Fürstentitel, so erlässt K. Karl 1352 den Herzogen von Lüneburg den persönlichen Lehnsempfang mit der Weisung, den Eid zu leisten: ad manus illustrium R. ducis Saxoniae et Magnopolensium ducum nec non venerabilis Caminensis episcopi principum nostrorum[6], wobei freilich ins Gewicht fallen könnte, dass der damalige Bischof ein geborner Herzog von Sachsen war. Wichtiger dürfte sein, dass der Bischof 1417 vom Könige belehnt wurde[7]; nur müssen wir uns hüten, daraus zu sicher auf frühere Verhältnisse zurückzuschliessen; spätere Erörterungen, insbesondere über die Lehnbarkeit der Grafschaften, werden uns zeigen, wie überaus leicht es in späterer Zeit war, Reichsbelehnungen zu erhalten, wenn auch in den ältern staatsrechtlichen Verhältnissen jeder Anknüpfungspunkt dafür fehlte. Führte der Bischof im sechszehnten Jahrhunderte, wenn auch nicht unbestritten, eine fürstliche Stimme, wurde diese auch nach der Säkularisation gewahrt, so haben wir ihn doch unzweifelhaft für die Zeit, welche uns zunächst beschäftigt, nicht als Reichsfürsten zu betrachten.

Dasselbe gilt vom Bischofe von Lebus. Das Bisthum, angeblich 206 im J. 966 von dem Polenherzoge Miezislaw gestiftet, gehörte im zwölften Jahrhunderte unzweifelhaft zu Polen; der Bischof wird zu den polnischen Bischöfen gezählt, erscheint als Zeuge in den Urkunden polnischer Herzoge und besucht deren Tage.[8] Der Erzbischof von Magdeburg, welchem

  1. Dreger 13. 16. 19. 37 u.s.w. Schöttgen et Kr. 3, 2. 9. Lüb. UB. II, 1, 63. 64.
  2. Schöttgen et Kr. 3, 64. 65.
  3. Vgl. Moser 35, 137.
  4. Dreger 205. Vgl. 387. 551. Schöttgen et Kr. 3, 28.
  5. Vgl. § 169.
  6. Scheidt bibl. hist. 133.
  7. Aschbach Sigism. 4, 522.
  8. Raumer n. 1125. 1145. 1469. 1630.
Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 279. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_307.jpg&oldid=- (Version vom 29.1.2017)