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geladen[1]; überliess der Bischof von Carpentras erst 1320 die weltliche Hoheit über seine Stadt dem Papste, so ist damit nicht unvereinbar, dass die Temporalien schon früher von den Grafen geliehen wurden. Wird derselbe 1350 von K. Karl zugleich mit den Bischöfen von Turin und Digne als Fürst bezeichnet[2] and soll der von Cavaillon noch 1577 die Reichsabschiede unterzeichnet haben[3], So wird darauf bei Beurtheilung der ältern Verhältnisse kaum viel Gewicht zu legen sein.

Südlich von der Durance gehörten zur Provinz von Arles noch die Bischöfe von Marseille und Toulon. Von letzterm ist mir nichts bekannt, was auf Unmittelbarkeit schliessen liesse, und 1238 fanden wir ihn ausdrücklich unter den Vasallen des Grafen von Provence genannt.[4] Dem erstern werden 1164 in einem, 1222 erneuerten Privileg die Besitzungen seiner Kirche vom Kaiser bestätigt und ausdrücklich bestimmt, dass er und seine Kirche in den Temporalien nur dem Reiche unterworfen sein sollen[5]; es werden denn auch noch 1333 die Regalien als reichslehnbar betrachtet. Doch hatte sich der Bischof schon 1320 dazu verstanden, dem K. Robert als Grafen von Provence den Lehnseid für alle Besitzungen seiner Kirche von der Durance bis zum Meer, und von den Alpen bis zur Rhone zu leisten.[6]

Ist in dem Theilungsvertrage 1125 auch von Erzbisthümern als 216 Bestandteilen der Grafschaft südlich von der Durance die Rede, so kann das, wenn wir von Arles absehen, wohl nur den Erzbischof von Aix treffen. Allerdings wird derselbe 1225 vom Kaiser mit dem von Arles zusammen, als Fürst bezeichnet[7]; legen wir aber darauf kein Gewicht, so fehlt uns jeder Anhaltspunkt für die Vermuthung der Reichsunmittelbarkeit. Dagegen erscheint 1238 der Erzbischof als Vasall von Provence[8] und 1257 erklärt er ausdrücklich, quod – tenet et tenere debet pro excellentissimo d. Carolo filio regis Franciae et d. Beatrice eius uxore omnia temporalia, quae habet vel habere potest Aquensis archiepiscopus in comitatibus Provinciae et Forcalquerii.[9]

Höchst wahrscheinlich dürften auch die Suffragane von Aix südlich der Durance, die Bischöfe von Riez und Fréjus, dann die Suffragane von Embrun, nämlich die Bischöfe von Digne, Senez, Glandève, Nizza, Vence und Grasse niemals reichsunmittelbar gewesen sein. Kaiserliche Privilegien für diese Bischöfe scheinen, abgesehen von einem Bestätigungsbriefe K. Wilhelms von 1251 für den von Grasse, in welchem aber weder er als Fürst, noch seine Besitzungen als reichslehnbar bezeichnet sind[10], nicht bekannt zu sein; eben so wenig sind dieselben als Fürsten nachzuweisen; nur dass 1350 K. Karl die Bischöfe von Turin, Digne und Carpentras als principes et devotos nostros dilectos bezeichnet[11]; seine Kanzlei war überhaupt, wie wir noch mehrfach sehen

  1. Gallia chr. 1, 929.
  2. Guichenon B. Seb. 233.
  3. Gebhardi 1, 235.
  4. Vgl. § 215 n. 7.
  5. Huillard 2, 253.
  6. Gallia chr. 1, T. 656.
  7. Huillard 2, 485.
  8. Vgl. § 215 n. 7.
  9. Gallia chr. 1, 68.
  10. Gallia chr. 3, 216.
  11. Guichenon B. Seb. 233.
Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 307. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_335.jpg&oldid=- (Version vom 9.9.2019)