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Bestätigungsurkunden über den Umfang des Gebietes der römischen Kirche, wie dieselben seit dem Beginne des dreizehnten Jahrhunderts ausgestellt wurden, leicht erklärt.

Diese Angaben, welche sich unzweifelhaft noch sehr vervollständigen liessen, dürften für den Nachweis genügen, dass es auch später noch in Italien eine nicht unbedeutende Anzahl von Reichsäbten gab, jedenfalls mehrere, als dass sich der Umstand, dass meines Wissens nie ein italienischer Abt als Reichsfürst bezeichnet wird, füglich durch Annahme eines blossen Zufalles erklären liesse. Beachtenswerth dürfte auch sein, dass wir hier nur so selten von Regalienverleihung in den sonst gebräuchlichen Formen hören, was sich wohl nur zum Theil daraus erklärt, dass mit einer Ausnahme alle von uns angeführten Zeugnisse für die Unmittelbarkeit italienischer Aebte der Zeit vor dem Interregnum, welches hier wohl alle derartige Rechte in Vergessenheit gerathen liess, angehören.

Fanden wir bei den Aebten und Aebtissinnen wenigstens in Deutschland 250 durchweg da den Fürstenstand, wo ihre Abteien dem Reiche gehörten, so sollten wir vermuthen, dass auch von den Pröbsten einige dem Fürstenstande zugezählt wurden, da es mehrere Kollegiatkirchen gab, welche dem Reiche gehörten und deren gewöhnlich der Reichskanzlei angehörende Pröbste vom Könige investirt wurden.

Ein Beispiel gibt S. Servaes zu Mastricht. Anfänglich Reichsabtei wird das Stift 889 dem Erzbischofe von Trier gegeben und demselben 898, 919 und 945 bestätigt oder restituirt. Um 970 wird sie dann gegen die Abtei Oeren an das Reich vertauscht, aber 993 nochmals dem Erzbischofe restituirt[1]; doch muss sie wieder an das Reich gekommen sein; denn laut Urkunde vom J. 1087 erklärt der Kaiser, dass er die Kirche aus der bisherigen Dienstbarkeit befreie und ihre Freiheit wiederherstelle, so dass sie niemandem, als den römischen Königen und Kaisern dienen solle: Donum vero prepositure eiusdem ecclesie nulli concessimus recipiendum nisi ei quem regia vel imperatoria manus in curia et capella sua cancellarium suum ordinaverit. – Sit ergo prepositura ista cum altaris sui advocatia soli regali vel imperiali libertati astricta, ab omni proprietate alterius ecclesie aliena; – ducibus quoque et comitibus et ceteris personis nunquam beneficium fiat, sed perpetuo existens libera regali tantum vel imperiali aule deserviat.[2] Die Form der 1232 vom K. Friedrich transsumirten und bestätigten Urkunde erregt erhebliche Bedenken gegen ihre Echtheit; an der Richtigkeit ihres wesentlichen Inhaltes zu zweifeln haben wir aber keinen Grund; die Reichsunmittelbarkeit der Kirche in jener Zeit scheint sich auch aus Verfügungen zu ergeben, welche 1108 K. Heinrich auf Veranlassung ihres Probstes, des Reichskanzlers Adalbert trifft.[3]

  1. Beyer 1, 136. 209. 210. 223. 233. 245. 322.
  2. Huillard 4, 413.
  3. Miraeus 4, 190.
Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 363. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_391.jpg&oldid=- (Version vom 9.9.2019)