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Sicher gehörte die Probstei jedenfalls dem Reiche in der Zeit, welche uns zunächst beschäftigt. K. Philipp schenkt nebst der Abtei Nivelle und anderm 1204 dem Herzoge von Brabant auch: ecclesiam s. Servatii cum omni integritate et eo jure, quo patri et fratri nostro divis Romanorum imperatoribus attinebat.[1] Bezüglich der Abtei wurde die Vergabung 1209 widerrufen[2]; auch die Probstei dürfte dem Herzoge nicht lange geblieben sein. Denn 1232 bestätigt ihr der Kaiser das Privileg von 1087 und verspricht, sie tanquam nostram cameram specialem bei ihren Freiheiten zu schirmen; 1234 erklärte K. Heinrich auf Spruch der Fürsten und Magnaten, dass dem Bischofe von Lüttich kein Recht an der Probstei zustehe, quia mere et libere tantum ad imperium et ad nos dinoscitur pertinere, sperrte dann sogar dem Bischofe wegen Ungehorsam die Temporalien; auch der Kaiser bestätigte 1235 den Spruch, bestellte dann aber im folgenden Jahre den Bischof zum Schützer der Temporalien der Probstei, que nos et imperium respiciunt.[3] Noch K. Karl IV. gab ihr umfassende Privilegienbestätigungen.[4]

Für das Stift Beromünster oder S. Michaelsmünster war vom Stifter 1036 für einen bestimmten Fall Uebergang an das Reich in Aussicht genommen.[5] Später erscheint es wirklich als Reichsprobstei; der Kaiser bestätigt 1173 die freie Wahl des Probstes: cui a regia potestate committatur officium[6]; 1217 bestimmt K. Friedrich, dass die Güter des Stifts nulla necessitate cogente vel incumbente possint ab imperio ullo modo alienari; 1231 schreibt K. Heinrich den Stiftsherrn: ipsum electum a vobis de prepositura Beronensi investivimus, constituentes eum imperialis aule capellanum, veluti tenemur facere prepositos dicti loci.[7]

Von dem von K. Heinrich III. gegründeten Stifte S. Simon und Judas zu Goslar, dessen Pröbste zu ernennen 1049 vom Papste dem Kaiser ausdrücklich gestattet war, sagt K. Heinrich noch 1223: Ex veridica relatione intelleximus, quod ecclesia Goslariensis, capella nostra, ex antiqua imperatorum et regum augustorum dive memorie constitutione specialem ad imperium habeat respectum[8]; auch S. Peter bei Goslar war ursprünglich Reichsstift, aber schon 1064 an Hildesheim geschenkt.[9] Als Reichskirchen erweisen sich auch S. Marien zu Aachen, die Hauptkapelle des Königs, dessen Probst wir schon früher besondern Vorrang glaubten zusprechen zu dürfen[10], S. Adalbert ebenfalls zu Aachen und Kaiserswerth, wo noch Einsetzung des Probstes durch K. Wilhelm erwähnt wird[11]; auch die Probsteien S. Ursen zu Solothurn, schon bei der Theilung 870 als Reichskirche genannt, und S. Felix und Regula in Zürich, scheinen, wie wohl

  1. Miraeus 3, 75.
  2. Vgl. § 243 n. 8.
  3. Huillard 4, 412. 645. 690. 764. 859.
  4. Archiv der Gesellsch. 11, 452.
  5. Vgl. § 224 n. 5.
  6. Herrgott 2, 189.
  7. Huillard 1, 520. 3, 462.
  8. Huillard 2, 768. vgl. 4, 667.
  9. Vgl. Lüntzel Hildesh. G. 1, 352. 357.
  10. Vgl. § 45.
  11. Lacombl. 2, n. 707. Vgl. dort überhaupt die Urkunden dieser Stifte.
Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 364. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_392.jpg&oldid=- (Version vom 6.1.2021)