Seite:Freiburg Bauten 217.jpg

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köstlichsten Schmuck bildet der reich gegliederte Erker, der schon durch die eigenartige Behandlung der Ueberführung in hohem Grade bemerkenswerth ist.

Auf dem der Façade ein wenig vorgeschobenen Sockel bauen, zierlich vermittelt, die Säulen sich auf, welche aus mehrfach sich durchkreuzendem Stabwerk zusammengesetzt erscheinen. Ungefähr auf Kämpferhöhe des stichbogigen Portals schneidet sich sodann die gesimsartige stark profilirte Ueberführung ein, welche im Grundriss und Aufriss einen aus gleichem Radius construirten kämpferlosen Bogen darstellt. Die Ueberschneidung wird rechts durch einen Wappenschild, links durch ein nacktes Männchen verdeckt. Die hierdurch gebildete halbrunde Kappe ist verputzt und von Rippen mit Nasen durchzogen. Um die rechteckige Grundfläche zu erzielen, wird die Ueberführung abermals von Gesimsen durchquert. Diese bilden seitlich Eselsrücken und vorn umgestellte Halbkreisbögen, beide mit Krabben besetzt, um schliesslich in elegant gezeichnete Kreuzblumen sich aufzulösen. So ist mit spielender Leichtigkeit und unbemerkt die Basis hergestellt, auf welcher der Erker sich aufbaut. Aeusserst zierliche Maasswerkbögen füllen auf der Vorderseite die Brüstung des zweiten Stockes, während die Seitenflächen mit Wappenschildern geschmückt sind. Darüber öffnet sich ein dreitheiliges Fenster, das von einem gemeinsamen Wimperg überragt ist. Dieser wiederum endet in eine schlanke Kreuzblume. Zwei groteske Wasserspeier beleben die Quaderfläche. Ein Balkon mit reich durchbrochener Maasswerkbrüstung bildet den Abschluss dieses reizenden und eigenartigen Werkes, an welchem die frei schaffende künstlerische Phantasie in gleichem Maasse hervortritt, wie die technische Gewandtheit. Die Façade ist, wie gesagt, fast ganz unversehrt, nur sind die Fensterkreuze durchweg herausgebrochen. Im Innern zeigt die Rückseite des Portals, welche durch eine später eingefügte Treppe zum Theil verdeckt ist, ein scheinbar wild und regellos sich durchkreuzendes Stabwerk. In die Architectur ist das höher gelegene Fenster des Treppenhauses mit einbezogen.

Während bei diesem wahrhaft vornehmen Patrizierheim nahezu die gesammte architectonische Anlage gleichmässig und einheitlich durchgebildet ist, fallen andere Bauten mehr durch schöne oder doch eigenartige Einzelheiten in’s Auge. Das gilt insbesondere von den ansehnlichen Absteigequartieren, welche auswärtige Prälaten, darunter fast alle geistlichen Mitglieder der breisgauischen Landstände, sich hier geschaffen hatten. Wie diese Wohnungen meist an die Stelle ganzer Gruppen von kleineren Gebäuden und Hofstätten getreten waren, so

Empfohlene Zitierweise:
Freiburg im Breisgau. Die Stadt und ihre Bauten. H. M. Poppen & Sohn, Freiburg im Breisgau 1898, Seite 217. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Freiburg_Bauten_217.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)