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habt ihr pour le roi de Prusse, pour le président du Reich. Es kommt auf eins heraus.


Zu spät!

Was die republikanischen Hindenburgwähler nach dem 11. April zu erwarten haben, davon gibt eine kleine Kostprobe schon das Verhalten des Herrn Ministers Groener zu dem preußischen Vorgehen gegen die nationalsozialistische Verschwörung. Was Herr Groener unternimmt, wird praktisch zu einem Hilfsdienst für die Bedrängten, mag er gewiß auch nach einer für uns nicht durchschaubaren Theorie seine Handlungsweise höchst korrekt finden.

Als Severing in einem längern Bulletin darlegte, daß für die Nacht vom 13. auf den 14. März der Bürgerkriegsapparat der N.S.D.A.P. schlagbereit war, ließ Hitler sogleich entgegnen, dies alles sei durchaus legal gewesen, denn Stabschef Röhm habe davon ja im Reichsinnenministerium Meldung erstattet. Das war, im Gegensatz zu den meisten andern Verlautbarungen des Osaf, ganz phrasenlos, ganz scharf und dezidiert. Darauf konnte es nur heißen: alles gelogen oder alles wahr! Die Erklärung Groeners ist eine Bestätigung.

Es treffe zu, so wird darin ausgeführt, daß Röhm einige Tage vor der Wahl dem Minister habe melden lassen, er beabsichtige, für den Wahltag die S.A. in ihren Unterkunftsräumen zusammenzuhalten, um allen Zusammenstößen auf der Straße vorzubeugen. Gegen diese Maßnahme habe beim Reichsministerium des Innern kein Bedenken bestanden, vor allem deshalb, weil dadurch die Verantwortung der obersten S.A.-Leitung für alle Vorkommnisse klar festgestellt worden sei. Der ruhige Verlauf des Wahltages habe dieser Auffassung Recht gegeben. Was die in der Presse verbreiteten Nachrichten über Mobilmachung der S.A. und Putschabsichten betreffe, so handle es sich dabei zum Teil um alte bekannte Nachrichten. Soweit es sich um neue Nachrichten handle, würden sie unverzüglich scharf nachgeprüft.

Groener fühlt sich glänzend gerechtfertigt: es ist ja nicht zum Losschlagen gekommen! Das ist aber nicht das Verdienst des Herrn Ministers sondern das der Wähler. Etwa drei Tage vor der Wahl wurde bereits davon gesprochen, Hitler ziehe seine S.A. zusammen, um im Falle des Sieges sofort mit dem Mittel des Staatsstreichs aufs Ganze zu gehen; aber auch bei einem Unterliegen mit außerordentlich hoher Stimmenziffer werde er das Glück durch einen Putsch korrigieren, die kleine Differenz mit dem Boxheimer Messer aus der Welt schaffen. Es ist anders gekommen, Hitler ist beim Wettlauf stark zurückgeblieben, und wenn auch die 30 Prozent, die er gewinnen konnte, schrecklich genug sind, so genügen sie doch nicht, um den Bürgerkrieg aussichtsreich zu eröffnen. Jedenfalls ist es am 13. März offenkundig geworden, daß auch Hitlers Macht Grenzen findet. Er hat etwas, wofür die gesamte kämpferische Potenz seiner Organisation mobilisiert war, nicht erreicht. In diesem Augenblick mußte etwas geschehen, um nach abgeschlagenem Sturm zum Gegenangriff überzugehen. In diesem Augenblick aber geschieht das Abenteuerliche: der Minister der Armee

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Carl von Ossietzky: Gang zwei. Berlin: Verlag der Weltbühne, 22. März 1932, Seite 429. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gang_zwei_3.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)