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diesen Gegenstand, weil ich zuweilen, den Compass der Weisen, Blumenöck und anderer hierher einschlagende Schriften, in seinen Händen gewahr wurde. Diese Entdeckung verursachte, dass sehr viel über Freimaurerei gesprochen wurde. Herr H. gestand mir, dass er Freimaurer sei. Er liess dies hin und wieder vermuthen, durch Reden, welche den Anschein hatten, als ob sie ihm wider Willen entwischt wären. Wer den Menschen kennt, muss wissen, welche Macht, solche dem Anschein nach absichtslose Äusserungen, auf eine Seele haben, in welcher schon der Keim geworfen ist, welcher auf Entwicklung wartet. Ich fing an über diesen Gegenstand ernsthafter zu denken, seine Äusserungen und Reden zu vergleichen, in ein Ganzes zu ordnen, und die übrig gelassenen Lücken, durch meine Einbildungskraft zu ergänzen. Besonders fiel mir der Unterschied zwischen ächten und falschen [1] und vor allen anderen die Bemerkung auf, wie leicht man hier hintergangen werden könne, wie schwer es halte, echte und wahre zu finden. Von diesen ächten habe ich von dieser Zeit an Wunder geträumt. Auf diesem Weg entstand, noch ehe ich ein wirkliches Mitglied einer geheimen Verbindung war, in meiner Phantasie ein Ideal einer solchen Verbindung, welches mich ganz dahin riss, das sehnlichste Verlangen nach dem Beitritte erweckte, und späterhin die Grundlage wurde von dem, was ich zur Wirklichkeit gebracht habe. Meine Erwartungen und Begriffe, von der Einrichtung, Zusammenhang, Klugheit, Behutsamkeit in der Auswahl der Mitglieder, von der strengen und unaufhörlichen Prüfung derselben, gränzten an das Übertriebene, und glichen einem wahren Roman. Mit dem allen dachte ich zu dieser Zeit an nichts weniger als selbst zu bauen. Ich fand es gleich so vielen anderen bequemer, sich an eine schon gedeckte Tafel zu setzen, als den Tisch selbst zu bereiten. Mein Entschluss in die Gesellschaft zu treten, es koste was es wolle, war von nun an gefasst. Da mich indessen mein Führer, ohne alle nähere Anweisung verlassen hatte, so schrieb ich zu diesem Ende in alle Welt, wo ich Freimaurer vermuthen konnte, nach E .. g ... und vorzüglich nach Nürnberg. Von diesem letzteren Orte erhielt ich zu meiner ausserordentlichen Freude die Nachricht, dass meine Aufnahme gar nicht verweigert werde. – Was wäre aus solchen Menschen zu machen, wenn

  1. Logen.
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Leopold Engel: Geschichte des Illuminaten-Ordens. Berlin: Hugo Bermühler Verlag, 1906, Seite 59. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Illuminaten-Ordens_(Engel)_059.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)