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des Fürsten; jene wirken in den höheren, kultivirteren Ständen, diese in den niederen Volksklassen; jene haben mehr Ausdehnung, mehr Macht durch Stand, Stellung und Einfluss, diese mehr Gemeingeist, mehr zusammenwirkende planmässige Tätigkeit; jene haben den Zweck zu herrschen, schon bereit, diese wollen ihn erst erreichen, daher sind jene in einem Zustand von Ruhe, diese in steter sichtbarer Bewegung; beide Partheyen handeln nach dem Grundsatz Weishaupts, dass der Zweck die Mittel heilige; beide sind erbitterte geschworene Feinde Oestreichs; aber beide werden auch seit dem Frieden durch die Furcht vor Oestreichs Nachbarschaft wo nicht im Zaun gehalten, doch wenigstens weit behutsamer gemacht. Vorzüglich steht die geheime Polizey Wiens bei beiden Parteien in einem so furchtbaren Ansehen, dass man im buchstäblichen Sinne an die Allwissenheit und Allwirksamkeit derselben glaubt. Darin liegt auch wohl die Ursache, dass weder die Illuminaten, noch Patrioten eine Verbindung in den östreichischen Staaten zu stiften unternahmen, seit der Friede wiederhergestellt ist.

»In Salzburg und in Passau blieb zwar von dem Illuminatismus, der einst dort Filiallogen hatte, allerdings noch eine sehr freie Denkungsart zurück, allein förmlicher Zusammenhang mit den bayrischen Fakzionärs existirt weder in der einen noch in der andern dieser Städte. Hingegen unterliegt es gar keinem Zweifel, dass sowohl von Passau als hauptsächlich von Salzburg aus ein sehr gefährlicher Schleichhandel mit verbotenen politisch und moralisch scandalösen Büchern in die östreichischen Staaten getrieben wird.« – –


Soweit Armbrusters Bericht über die politischen Parteien in Bayern am Beginne des Jahrhunderts. Von kleinen Widersprüchen und Ungenauigkeiten abgesehen, wird man zugeben müssen, dass hier zum ersten Male ein vollständiges Bild von Verhältnissen entgegentritt, von denen man bisher nur vereinzelte Kenntnisse und allgemeine Vermutungen hatte. Bei aller Einseitigkeit des Standpunktes, der dem Berichterstatter durch Gesinnung und Stellung vorgeschrieben war, lässt sich doch in seiner Darlegung ein sicherer Blick und die durch die Pflicht gebotene Absicht erkennen, seiner Regierung mit soviel Wahrheit zu dienen, als ihm selbst erreichbar war. Der Gewinn für die Geschichte ist unbestreitbar. Nicht nur, dass wir über Organisation und Schicksale der Illuminaten genauer unterrichtet werden; viel

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Leopold Engel: Geschichte des Illuminaten-Ordens. Berlin: Hugo Bermühler Verlag, 1906, Seite 443. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Illuminaten-Ordens_(Engel)_443.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)