Seite:Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs 386.png

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Festungen gejagt, und selbst die Stadt Leipzig erobert. Aber der Stillstand in Schlesien setzte seinen Verwüstungen ein Ziel, und die Folgen seiner Ausschweifungen streckten ihn zu Adorf auf die Bahre. Nach aufgehobenem Stillstand machte Wallenstein aufs neue eine Bewegung, als ob er durch die Lausitz in Sachsen fallen wollte, und ließ aussprengen, daß Piccolomini schon dahin aufgebrochen sey. Sogleich verläßt Arnheim sein Lager in Schlesien, um ihm nachzufolgen und dem Churfürstenthum zu Hülfe zu eilen. Dadurch aber wurden die Schweden entblößt, die unter dem Kommando des Grafen von Thurn in sehr kleiner Anzahl bey Steinau an der Oder gelagert standen; und gerade dieß war es, was der Herzog gewollt hatte. Er ließ den Sächsischen General sechzehn Meilen voraus in das Meißnische eilen, und wendete sich dann auf einmal rückwärts gegen die Oder, wo er die Schwedische Armee in der tiefsten Sicherheit überraschte. Ihre Reiterey wurde durch den voran geschickten General Schafgotsch geschlagen, und das Fußvolk von der nachfolgenden Armee des Herzogs bey Steinau völlig eingeschlossen. Wallenstein gab dem Grafen von Thurn eine halbe Stunde Bedenkzeit, sich mit drittehalbtausend Mann gegen mehr als zwanzigtausend zu wehren, oder sich auf Gnade und Ungnade zu ergeben. Bey solchen Umständen konnte keine Wahl Statt finden. Die ganze Armee giebt sich gefangen, und ohne einen Tropfen Blut ist der vollkommenste Sieg erfochten. Fahnen, Bagage und Geschütz fallen in des Siegers Hand, die Offiziere werden in Verhaft genommen, die Gemeinen untergesteckt. Und jetzt endlich war nach einer vierzehnjährigen Irre, nach unzähligen Glückswechseln der Anstifter des Böhmischen Aufruhrs, der entfernte Urheber dieses ganzen verderblichen Krieges, der berüchtigte Graf von Thurn in der Gewalt seiner Feinde. Mit blutdürstiger Ungeduld erwartet man in Wien die Ankunft dieses großen Verbrechers, und genießt schon in voraus den schrecklichen Triumph, der Gerechtigkeit

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Friedrich Schiller: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. , Frankfurt und Leipzig 1792, Seite 386. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_drey%C3%9Figj%C3%A4hrigen_Kriegs_386.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)