Zum Inhalt springen

Seite:Großherzoglich Hessische AusfVO zur GewO 075.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Großherzoglich Hessisches Ministerium des Innern : Großherzoglich Hessische AusführungsVO zur GewO

a. wenn ein Bedürfnis zur Ausübung des betreffenden Gewerbes in dem Bezirke der Behörde nicht besteht oder der Bedarf schon anderweit, insbesondere durch Erteilung einer entsprechenden Anzahl von Wandergewerbescheinen an Inländer, gedeckt ist,
b. wenn der Antragsteller Zigeuner ist,
c. wenn der Antragsteller das 25. Lebensjahr noch nicht überschritten hat und nicht bereits für das abgelaufene Jahr einen Wandergewerbeschein für das gleiche Gewerbe erhalten hat,
d. wenn die Persönlichkeit des Antragstellers zu erheblichen polizeilichen Bedenken Anlaß gibt.
Neben diesen besonderen Versagungsgründen greifen mit Ausnahme des § 57b Ziff. 1 G.O. alle Vorschriften Platz, nach denen Inländern der Wandergewerbeschein zu versagen ist oder versagt werden kann.
Zum Gewerbe der Schirm- und Kesselflicker, Drehorgelspieler, Dudelsackpfeifer, der Händler mit Blech- und Drahtwaren und ähnlichen Gegenständen dürfen außerdem nur solche Ausländer zugelassen werden, welche nachweislich in dem vorangegangenen Kalenderjahr einen Wandergewerbeschein für das gleiche Gewerbe erhalten haben.

§ 94.

Wandergewerbescheinverzeichnisse.Über die ausgestellten und ausgedehnten Wandergewerbescheine haben die Kreisamter fortlaufende Verzeichnisse zu führen. Aus ihnen soll mindestens ersichtlich sein: Namen, Wohnort und Staatsangehörigkeit des Gesuchstellers und etwaiger Begleiter, der Gegenstand des Gewerbebetriebs und der Tag der Ausfüllung des Scheins und seiner Abgabe an das Finanzamt. Ist der Wandergewerbeschein ausnahmsweise dem Antragsteller unmittelbar behändigt worden, so ist auch dies in dem Verzeichnis zu vermerken.

§ 95.

Wandergewerbeschein-Formulare.Der Bedarf an Vordrucken der Wandergewerbescheine für das kommende Kalenderjahr ist rechtzeitig bei der Kanzlei des Ministeriums des Innern Abteilung für Landwirtschaft, Handel und Gewerbe, anzumelden, das die Lieferung veranlassen wird.

§ 96.

Beaufsichtigung des Wandergewerbes.Bei der Aufsicht über den Gewerbebetrieb im Umherziehen ist der Feststellung der Identität des Besitzers des Wandergewerbescheins mit der im Scheine bezeichneten Persönlichkeit von den Polizeibehörden besondere Aufmerksamkeit zuzuwenden. Ferner ist darauf zu achten, daß
a. Kinder, für welche die ausdrückliche Erlaubnis zum Mitführen nicht unter genauer Bezeichnung in dem Wandergewerbeschein ausgesprochen ist, nicht mitgeführt werden;
b. eine Vernachlässigung der mitgeführten Kinder hinsichtlich des Unterhalts, der körperlichen und sittlichen Pflege und, soweit sie schulpflichtig sind, hinsichtlich des Unterrichts nicht stattfindet;
c. das Mitführen der im Wandergewerbeschein aufgeführten Kinder unter 14 Jahren nicht zum Zweck ihrer Verwendung im Gewerbebetriebe des Wandergewerbetreibenden namentlich auch nicht zur Mitwirkung bei Vorstellungen umherziehender Künstler niederer Gattung oder zu Schaustellungen als Naturmerkwürdigkeiten (Riesenkinder und dergleichen) erfolgt. Jede Verwendung zu gewerblichen Zwecken ist zu verhindern, soweit nicht besondere Gründe die Überzeugung ergeben, daß es sich im einzelnen Falle nur um eine einmalige, gelegentliche, bei dem Mitführen nicht bezweckte geringe Hilfeleistung handelt.
Die Vorschriften des Gesetzes, betreffend Kinderarbeit in gewerblichen Betrieben, vom 30. März 1903 (R.-G.-Bl. S. 113) haben mit Rücksicht auf die für den Gewerbebetrieb im Umherziehen in der Gewerbeordnung ausgesprochenen Verbote und Beschränkungen für das Wandergewerbe keine Bedeutung.
Benutzen Wandergewerbetreibende zum Unterbringen der Familie Wagen oder Buden, so ist deren Zustand und Benutzung in gesundheits- und sittenpolizeilicher Beziehung zu überwachen.