Seite:Großherzoglich Hessische AusfVO zur GewO 097.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Großherzoglich Hessisches Ministerium des Innern : Großherzoglich Hessische AusführungsVO zur GewO

§ 162.

Ausnahmen für Gewerbe zur Befriedigung täglicher oder an Sonn- und Festtage besonders hervortretender Bedürfnisse (§ 105e Abs. 1 G.O.).Zur Zulassung von Ausnahmen auf Grund des § 105e Abs. 1 G.O. für Gewerbe zur Befriedigung täglicher oder an Sonn- und Festtagen besonders hervortretender Bedürfnisse ist das Kreisamt zuständig. Gegen dessen Entscheidung ist die Beschwerde an das Ministerium des Innern zulässig. Die Bewilligung von Ausnahmen der genannten Art ist in dem für die amtlichen Bekanntmachungen des Kreisamts bestimmten Blatt zu veröffentlichen. In der Regel (siehe § 163 unten) sind diese Ausnahmen nur für die nachstehend unter a bis n benannten Gewerbe und nicht in größerem Umfange oder unter leichteren Bedingungen, als im Folgenden angegeben, zulässig.
a. Blumenbindereien: Es kann die Beschäftigung von Arbeitern an allen Sonn- und Festtagen mit dem Binden von Blumen und Pflanzen, Winden von Kränzen und dergleichen während der für den Verkauf von Blumen in offenen Verkaufsstellen freigegebenen Stunden und erforderlichenfalls auch schon für 2 Stunden vor dem Beginn des Verkaufs, aber nicht während der Zeit des Hauptgottesdienstes, gestattet werden.
Bedingung: Wenn die Sonntagsarbeiten länger als 3 Stunden dauern, so sind die Arbeiter entweder an jedem dritten Sonntag für volle 36 Stunden, oder an jedem zweiten Sonntag mindestens in der Zeit von 6 Uhr morgens bis 6 Uhr abends, oder in jeder Woche während der zweiten Hälfte eines Arbeitstages, und zwar spätestens von 1 Uhr nachmittags ab, von jeder Arbeit freizulassen.
b. Gasanstalten und Elektrizitätswerke. Es kann die Beschäftigung von Arbeitern an allen Sonn- und Festtagen mit Arbeiten, die für den Betrieb unerläßlich sind, gestattet werden.
Bedingung: Die den Arbeitern zu gewährende Ruhe hat mindestens zu dauern: entweder für jeden zweiten Sonntag 24 Stunden, oder für jeden dritten Sonntag 36 Stunden, oder, sofern an den übrigen Sonntagen die Arbeitsschichten nicht länger als 12 Stunden dauern für jeden vierten Sonntag 36 Stunden. Ablösungsmannschaften dürfen je 12 Stunden vor oder nach ihrer regelmäßigen Beschädigung zur Arbeit nicht verwendet werden. Die den Ablösungsmannschaften zu gewährende Ruhe muß das Mindestmaß der den abgelösten Arbeitern gewährten Ruhe erreichen.
c. Bäckerei- und Konditoreigewerbe:
1) Die Beschäftigung von Arbeitern kann an allen Sonn- und Festtagen während 10 Stunden gestattet werden.
Bedingung: Jedem Arbeiter ist an jedem Sonn- und Festtag eine ununterbrochene Ruhe von 14 Stunden in Bäckereien, von 12 Stunden in Konditoreien zu gewähren. Der Beginn dieser Ruhezeit ist in Bäckereien frühestens von 12 Uhr nachts, spätestens von 9 Uhr morgens, in Konditoreien frühestens von 12 Uhr nachts, spätestens von 12 Uhr mittags ab zu rechnen. Ferner ist jedem Arbeiter mindestens an jedem dritten Sonntage die zum Besuche des Gottesdienstes erforderliche Zeit freizugeben.
2) Diejenigen Arbeiter, denen nach Ziff. 1 eine Ruhezeit von 14 (12) Stunden zusteht, dürfen während dieser Ruhezeit beschäftigt werden:
in Bäckereien mit Arbeiten, die zur Vorbereitung der Wiederaufnahme der regelmäßigen Arbeit am nächsten Tage notwendig sind, sofern sie nach 6 Uhr abends stattfinden und nicht länger als 1 Stunde dauern,
in Konditoreien mit der Herstellung und dem Austragen leicht verderblicher Waren, die unmittelbar vor dem Genusse hergestellt werden müssen (Eis, Cremes u. dergl.).
Bedingung: Sind in Konditoreien Arbeiter noch nach 12 Uhr mittags beschäftigt worden, so müssen sie an einem der nächsten 6 Werktage von mittags 12 Uhr ab von jeder Arbeit freigelassen werden.