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Großherzoglich Hessisches Ministerium des Innern : Großherzoglich Hessische AusführungsVO zur GewO

V. die Verhältnisse der Lehrlinge und Gesellen.

(§ 120 ff. G.O.)

§ 202.

Entziehung der Befugnis zum Halten von Lehrlingen (§§ 126a, 18 Abs. 1 G.O.)."Untere Verwaltungsbehörde" im Sinne der §§ 126a Abs. 3 und 128 Abs. 1 G.O. ist in Gemeinden. auf welche die Städteordnung Anwendung findet, die Bürgermeisterei, im übrigen das Kreisamt.

§ 203.

Wird auf Grund des § 126a G.O. einem Lehrherrn die Befugnis zum Halten oder Anleiten von Lehrlingen entzogen, so ist ausdrücklich zu bestimmen, ob die Befugnis dauernd oder für welche Zeit sie entzogen wird. In minder schweren Fällen kann die untere Verwaltungsbehörde sich zunächst auf eine Verwarnung des Lehrherrn beschränken.
Gegen die auf Grund des § 126a Abs. 3 und § 128 Abs. 1 G.O. erlassenen Verfügungen ist binnen einer Notfrist von 2 Wochen die Klage im Verwaltungsstreitverfahren zulässig Hierbei entscheidet über Klagen, die gegen eine Verfügung der Bürgermeisterei gerichtet sind, der Keisausschuß, über Klagen, die sich gegen eine Verfügung, die das Kreisamt erlassen hat, richten, der Provinzialausschuß jeweils in erster und letzter Instanz. Ist die Verfügung rechtskräftig geworden, so hat die untere Verwaltungsbehörde der Ortspolizeibehörde und der Handwerkskammer von der Anordnung Nachricht zu geben.

§ 204

Beglaubigung der Lehrlingszeugnisse (§ 127c G.O.).,,Gemeindebehörde" im Sinne des § 127c G.O. ist die Bürgermeisterei.

§ 205.

Zwangsweise Zurückführung der Lehrlinge (§ 127d G.O.).'Die der "Polizeibehörde" übertragenen Befugnisse sind vorbehaltlich der Sondervorschrift in Abs 1 von der Bürgermeisterei oder der an deren Stelle besonders eingerichteten Polizeiverwaltung auszuüben, in deren Dienstbezirk das Lehrverhältnis besteht.
Wird von dem Lehrherrn Antrag auf Zurückführung des Lehrlings gestellt, so ist zunächst zu prüfen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen, insbesondere ob nicht das Lehrverhältnis durch gerichtliches Urteil für aufgelöst erklärt oder dem Lehrling durch einstweilige Verfügung gestattet ist, die Lehre zu verlassen, ob keiner der in §§ 127b und 127e G.O. bezeichneten Gründe des einseitigen Rücktritts vorliegt und ob seit dem Antritt des Lehrlings nicht eine Woche verflossen ist.
Erscheint hiernach der Antrag gerechtfertigt, so ist der Lehrling sofort durch schriftliche Verfügung unter Hinweis auf die gesetzlichen Zwangsmittel zur Rückkehr aufzufordern und im Falle des Ungehorsams nach dem Schlußsatze des § 127d G.O. zu verfahren. Für die Kosten der polizeilichen Zurückführung haftet der Polizeibehörde gegenüber der Lehrherr.
Hält sich der Lehrling in einer anderen Gemeinde auf oder soll die Rückkehr durch Androhung von Geldstrafe oder Haft erzwungen werden, so ist dem Kreisamt Vorlage zu machen. Für die Anfechtung der von diesem angedrohten oder in Vollzug gesetzten Zwangsmaßregeln und das hierbei einzuhaltende Verfahren gelten die Vorschriften des Artikels 66 Abs. 3, 5, 6 und 7 der Kreis- und Provinzialordnung.