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Seite:HansBrassTagebuch 1935-03-27 002.jpg

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die anderen. – Da sagte der deutsche Held eines Tages zu den anderen: „Nun hört mal her, – ich habe zwar bisher immer gesagt, daß ich in Frieden mit euch leben will u. ich habe immer gesagt, daß wir garkeine Waffen u. garkeine Soldaten haben, um Krieg mit euch zu führen; aber das war nicht wahr. Zwar will ich im Frieden weiter mit euch leben, aber Waffen u. Soldaten habe ich mir längst heimlich angeschafft. Aber von jetzt ab will ich mit dieser Heimlichkeit aufhören, – von jetzt ab sollt ihr sehen, wieviel Soldaten ich habe, denn ich bin ein ehrlicher Mann. – Da sagten die andern: Da seht ihr es ja, wir haben es ja immer gesagt, daß er heimlich Waffen u. Soldaten hat – er will uns überfallen, – u. alle bekamen noch viel größere Furcht u. sie fingen nun an, sich noch mehr zum Kriege zu rüsten. – Der deutsche Held beteuerte nun aufs Neue seine übergroße Friedensliebe, nur daß er jetzt noch viel mehr wie bisher Soldaten zum Kriege ausrüstete.

     Lieber Herr Professor der Archäologie aus Asien, der Sie dieses im Jahre 3935 lesen. – Sie werden zu dem Schluß kommen müssen, daß die Europäer des Jahres 1935 allesamt aus Idioten u. Irrsinnigen bestanden haben müssen u. werden nicht verstehen, wie man je von europäischer Kultur hat reden können. – Und vor allem vom Christentum. – Sie werden nun begreifen, daß der liebe Gott es endlich satt bekommen hat, sich noch weiter um diese Europäer zu bekümmern, die buchstäblich nur aus infamen Lügnern, Erpressern, Räubern, Dieben, Mördern u. Meineidigen bestanden haben. Deshalb hat Er eines Tages Schwefel u. Asche regnen lassen. – Ich bitte Sie deshalb, dieses mein Tagebuch das Sie aufgefunden haben, dem Heiligen Vater zu schenken, der vielleicht in Peking jetzt wohnen mag. Möge der Heilige Vater daraus ersehen, wie schlechte Christen wir Europäer gewesen sind u. möge er die ganze Christenheit im Jahre 3935 für uns arme Sünder beten lassen. – Gott aber sei uns gnädig! –

     Dr. Fritz Klein gibt heute in der „Deutschen Zukunft“ einen sehr interessanten Überblick über die politische Lage. Er erinnert daran, was der französische Kriegsminister General Maurin kürzlich gesagt hat, nämlich: Deutschland sei ein Löwe, vor dessen Gebrüll die armen übrigen Tiere der Wüste zittern.

     Daß Europa mit einer Wüste verglichen wird, ist treffend, aber in diesem Sinne nicht beabsichtigt. Dagegen scheint es ganz gleichgültig, ob Deutschland wirklich ein solcher Löwe ist, oder ein weiches Friedens=Lämmlein, wie unsere Regierung behauptet. Selbst wenn wir ein solches Lämmlein wären, – u. man kann das nach der Einführung der allgemeinen Wehrpflicht wirklich nicht mehr behaupten; – – aber selbst wenn wir es wären, so ist doch ausschlaggebend, daß alle europäischen Staaten, u. zwar ohne jede Ausnahme, – uns für einen brüllenden Löwen ansehen. Und da man nicht annehmen kann, daß sämtliche europäischen Völker u. ihre Staatsmänner gleichmäßig gehirnkrank sind, so muß doch ihre Ansicht irgendwie begründet sein, um so mehr, da sie trotz vieler Friedensreden von dieser Ansicht nicht abzubringen sind. – Mag dem sein, wie es will, – es bleibt die Tatsache bestehen, daß Deutschland vor dem Weltkriege nirgends in der Welt Sympathien genoß, – heute aber wird es so glühend gehaßt, daß dieser Haß unmöglich durch kalte Umschläge beseitigt werden kann. Dieser Haß muß zum Kriege führen.

     Tatsächlich hat Italien bereits seinen Jahrgang 1911 zu den Waffen gerufen u. es wird den Jahrgang 1913, der im April entlassen werden sollte, nicht entlassen. Früher hätte man das eine Mobilmachung genannt. – Kurz bevor der englische Außenminister Simon mit Eden nach Berlin kam, war Herr Eden in Paris gewesen, wo ebenfalls eine Konferenz zwischen den französischen Ministern, dem italienischen Außenminister Suvich u. Eden stattgefunden hatte. Herr Eden kam direkt von dort her. – In Paris ist die „vollständige Solidarität“ der drei Regierungen Frankreich, England u. Italien festgestellt worden, während in Berlin die Konferenz zur „vollständigen Klarstellung der beiderseitigen Auffassungen geführt hat“. – Auf gut Deutsch heißt das doch wohl, daß es also zwei verschiedene „Auffassungen“ gibt, – u. wenn Hoffnung bestünde, daß ein Ausgleich zwischen diesen beiden verschiedenen

Empfohlene Zitierweise:
Hans Brass: TBHB 1935-03-27. , 1935, Seite 002. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1935-03-27_002.jpg&oldid=- (Version vom 12.9.2024)