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Seite:HansBrassTagebuch 1935-09-17 001.jpg

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Es seien nur die Meister, die Heiligen, die diese Forderungen erfüllen müßten, – nicht der gewöhnliche Mensch. –

     Ich fragte sie darauf, worin denn dann der Sinn des Buddhismus bestünde, wenn man die Forderungen nicht erfüllt, – nachdem diese Forderungen doch unerläßliche Bedingung sei zur Überwindung des Leidens – u. nachdem die Überwindung des Leidens doch der einzige Sinn des Buddhismus sei.

     Natürlich wußte sie keine Antwort u. erging sich in allgemeine Redensarten von Güte u. Nächstenliebe.

     Nun griff ich diese Nächstenliebe auf. Ich sprach wohl länger als eine Stunde von Christus u. der Kirche. Die Frau, die Anfangs so selbstbewußt u. überheblich war, wurde immer stiller u. kleiner, am Ende hörte sie bloß noch aufmerksam zu. –

     Ich bin sicher, daß ich mit all diesen Gesprächen keine von diesen drei Frauen, mit denen ich bisher gesprochen habe, innerlich umgewandelt habe; aber alle drei habe ich erst einmal innerlich aus ihrem selbstgefälligen Gleichgewicht gebracht. Es ist selbstverständlich, daß alle drei versuchen werden, möglichst rasch wieder in das frühere, träge Gleichgewicht zurück zu gelangen u. das wird ihnen sicher gelingen, wenn es nicht Gott gefällt, vom Seinigen dazu zu tun. Aber es macht mein Wohlbefinden in diesem Jahre hier in Ahrenshoop aus, daß ich in diesem Jahre – im Gegensatz zum vorigen – oft Gelegenheit habe, von Gott zu sprechen. So hat mein Hiersein einen Zweck.

     Wenn ich von Gott spreche, so bin ich noch immer sehr ungeschickt, aber ich fühle doch, daß ich Fortschritte darin gemacht habe. Mein großer Fehler besteht immer noch darin, daß ich beim Sprechen gern meinem Verstande folge, daß ich zu wenig auf die leise Wirksamkeit des Hl. Geistes in mir horche – ich würde dann viel überzeugender sein. Zu viel Eigenliebe ist noch in mir! – Ich lese Abends mit Maria in dem Buch vom Pfarrer von Ars, das mir Dr. Tetzlaff geliehen hat. Wie Vieles muß ich noch von diesem demütigen Heiligen lernen. Ich bilde mir immer noch ein, daß ich mit meinem Verstande dem lieben Gott helfen könnte, anstatt, daß ich beim Sprechen innerlich ganz leise bin u. horche auf das, was der Hl. Geist eingibt. Dieses Helfenwollen ist nichts als Eigenliebe. Zwar ist es wohl eine gute Absicht, aber besser werde ich diese Absicht erfüllen, wenn ich mich stets nur als das Werkzeug Gottes empfinde, als ein Organ, dessen sich Gott in seiner Güte bedient. So tat der heilige Pfarrer von Ars u. er sagte, wenn Gott einen Elenderen u. Dümmeren finden könnte, als ihn, dann würde Er sich dieses bedienen als Sein Werkzeug. Ich hingegen bin immer noch voll Eitelkeit, weil ich meine, ich könnte den Menschen das Wesen Gottes mit meinen eigenen Vernunftgründen nahe bringen.

     Möge mir Gott, die Gabe echter Demut verleihen!

Dienstag, den 17. September 1935.     

     Meine Zeit in Ahrenshoop erfuhr eine plötzliche Unterbrechung. Am Donnerstag Abend meldete sich der älteste Sohn Marias, – Kurt, – der hier in Berlin eine erfolgreiche Versicherungs=Agentur betreibt, nachdem er früher in der Ablegung des juristischen Referendar-Examens

Empfohlene Zitierweise:
Hans Brass: TBHB 1935-09-17. , 1935, Seite 001. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1935-09-17_001.jpg&oldid=- (Version vom 15.9.2024)