jeder Mensch ratlos vor dieser Möglichkeit steht. – Möge der Herrgott uns behüten! – –
Gestern feierten nun auch Maria u. ich unser fünfzehnjähriges Jubiläum. Maria hatte in lieber Weise für allerhand materielle Genüsse des Leibes gesorgt u. sie war sehr lieb u. nett. Wir sprachen viel in der Dämmerung über das verflossene, gemeinsame Leben, das voll so vieler wunderbarer Unwahrscheinlichkeiten war, u. ebenso sprachen wir von Gegenwart u. Zukunft. – Die mehrfachen Operationen, die sie durchgemacht hat, machen ihr jetzt oft Ungelegenheiten u. sie wird dadurch immer ernsthafter zu dem Gedanken geführt, ihr Geschäft in Ahrenshoop aufzugeben, da sie sich den Anstrengungen nicht mehr gewachsen fühlt. Sie denkt sich eine Zukunft in einer kleinen, berliner Wohnung, die sie mit mir teilen möchte, um sich dann ganz dem religiösen Leben hinzugeben. Auch meine Existenz hier im Christkönigshause ist ja keinesfalls etwas Endgültiges, das hat mir ja das Scheitern meines Planes sehr deutlich gemacht; aber 2 – 3 Jahre werden wohl noch darüber hingehen. Der Gedanke, einmal dieses ehemalige Klosett hier wieder verlassen zu dürfen, um in der freundlichen Gesellschaft Marias den Lebensabend zu verbringen, ist ungemein schön, – zu schön, als daß ich mich getraue, daran zu denken. Aber sie geht sehr ernsthaft mit diesem Gedanken um u. ich lasse sie gern dabei. Möge der liebe Gott uns beide führen. Gestern in der Frühmesse habe ich erneut unsere Freundschaft Gott geweiht u. daß Gott mit großer Gnade auf uns herabblickt, das ist ja zweifellos. Möchte Er uns nur immer Seinen Willen kund tun, damit wir niemals etwas aus eigenem Willen tun, – oder gar gegen Seinen Willen, was ganz schrecklich u. das größte Unglück wäre. Jetzt aber fühlen wir beide uns so deutlich in Gottes Hand daß uns daraus immer wieder von Neuem ein Glücksgefühl befällt u. wir voll jubelnder Dankbarkeit sind gegen unseren gütigen Vater. Es ist wirklich so, daß wir uns fühlen wie die Küchlein unter Seinen schützenden Flügeln u. daß wir immer nur unsere Darkbarkeit stammeln können, für das Glück u. die übergroße Gnade, die Er uns zuteil werden läßt. –
Am Sonnabend Vormittag machte ich Rektor Drüding einen Besuch, da ich erfahren hatte, daß er krank sein solle, obgleich ich ihn, wenn auch etwas unregelmäßig, in der Kapelle gesehen hatte. Ich brachte ihm um ihn zu zerstreuen, meine beiden letzten Holzschnitte mit, (Joh. d. T. u. Joh. Evang.) u. das Anbetungsbuch für die Kapelle, jedoch fand ich, – besonders mit den Holzschnitten, garkein Verständnis.
Die Krankheit war, – so weit es sich um deren äußere Merkmale handelt, vorüber. Er sagte, er habe ganz ungewöhnlich heftige Schmerzen im Leibe gehabt u. der Magen habe Nahrungsannahme verweigert. Er sei in das Hedwigskrankenhaus gefahren u. habe sich vom Professor untersuchen lassen. Dieser habe eine sehr große Unregelmäßigkeit der Herztätigkeit festgestellt. Der Professor habe gemeint, daß wahrscheinlich auch sonstige organische Störungen daher rührten u. er habe ihm empfohlen, eine Woche lang ins Krankenhaus zur Beobachtung zu kommen, was der
Hans Brass: TBHB 1936-02-03. , 1936, Seite 1. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1936-02-03_001.jpg&oldid=- (Version vom 15.9.2024)