kaum noch zu steigern. Etwa: „Italienkrieg verloren, Revolution ausgebrochen, Mussolini ermordet, der Heilige Vater geflohen.“ (Gott möge uns bewahren!)
Das ist der Eindruck, den ich von jenem Bilde habe. Ich sage mir, daß es wirklich nicht jenes Abendmahl sein kann, das Sie von mir gemalt zu sehen wünschen u. wende mich vom Bilde ab u. dem Evangelium zu. Dort ist ja nicht von einem solchen Prunksaal die Rede, sondern nur von einem Obergemach, – zwar einem großen, aber doch eben nur von einem Gemach. (Mk. 14,15 u. Lk. 22,12) Die Tischpolster, von denen die Rede ist, sind keine Plüschsessel, sondern nur die auch heute noch im Orient üblichen Liegepolster am Fußboden.
In diesem Gemach setzt sich der Heiland mit den Zwölfen zu Tisch u. spricht zu ihnen von Dingen, die die Zwölfe nicht recht verstehen (Mt 26,20.29. – Mk. 14, 17.25. Lk. 22,14 – 18 u. 24 – 30.) Sie wundern sich wohl ein wenig, aber schließlich sind sie daran gewöhnt, daß ihr Meister zuweilen von Dingen spricht, die sie nicht fassen können. Sodann gibt es eine kleine Unordnung, indem es dem Heiland einfällt, seinen Jüngern die Füße zu waschen (Joh. 13,3 – 11), ein Vorgang, den man sich beim Fügelschen Bilde nicht vorstellen kann, ohne daß ein Kellner erscheint u. die Herren auffordert, solche Ungehörigkeiten gefälligst zu unterlassen.
Danach setzt sich der Heiland wieder hin u. spricht in jener rätselhaften Weise vom Verrat des Judas. Es heißt, daß die Jünger darüber traurig geworden wären (Mt. 26,22. Mk. 14,19) – sie ließen also die Köpfe hängen u. begannen, untereinander zu fragen, wer von ihnen wohl der wäre? (Luk. 22,23.) – Es ist also auch hier nichts von der lärmenden Erregung des Fügelschen Bildes zu spüren, vielmehr sind alle traurig u. tuscheln untereinander, wie wir sagen würden, denn keiner von den Jüngern verstand den Meister (Joh. 13,28.) Petrus tuschelt dem Jonannes etwas ins Ohr (Joh. 13,24) u. Johannes lehnt sich an die Brust des Meisters u. fragt leise: „Wer ist es?“ (Joh. 13,25) –
Nun folgt die eigentliche Einsetzung der Eucharistie. Sie wird erzählt Mt. 26,26 – 28 – Mk. 14,22 – 24 – Lk. 22,19.20. – I Kor. 11,24 – 26., – schlicht, einfach, ruhig, ohne dramatisches Gepolter, ohne Erregung, ohne Lärm, ganz kurz, je 2 – 3 Verse. Die Jünger verstehen ja noch garnicht die Bedeutung, sie sind sich garnicht bewußt, daß Jesus hier ein Sakrament einsetzt, denn sie glauben ja noch nicht einmal wirklich an die göttliche Sendung Jesu, das alles kommt ja erst viel später! –
Etwas lebhafter wird danach das Gespräch durch die Vorhersage Jesu der Verleugnung des Petrus, wenn man Johannes folgen will, der dies Ereignis hierher setzt. Mt. 26,31 – 35, Mk. 14,27 – 31. Lk. 22,31 – 34 u. Joh. 13,36 – 38, – aber keineswegs erhebt sich dabei ein ungebührliches Gelärm. Die Jünger haben vielmehr mäuschenstill den Worten des Meisters gelauscht, der, – wie ich denke, – gern leise u. ruhig sprach, nicht laut u. aufgeregt. Der Heiland hat dann noch Vieles geredet in seiner leisen, gütigen Art. Da ist die Schwertrede Luk. 22,35 – 38, dann die wundervollen Trostworte Jesu Joh. 14,1 – 31, 15,1 – 27 u. 16,1 – 33, alles Worte u. Reden, die der Heiland leise u. traurig zu seinen lauschenden Jüngern sprach, u. endlich das feierliche, hohepriesterliche Gebet Joh. 17,1 – 26.
So ist es gewesen nach dem schlichten Bericht des Evangeliums. Wenn es Maler gibt, die aus diesem einfachen Vorgang eine prunkvolle Theaterszene machen, u. wenn die Kirche dazu schweigt, so bin ich nicht berufen, ein Urteil zu fällen. Ich selbst aber bin meinem Gewissen verpflichtet, mehr als einer, der nur
Hans Brass: TBHB 1936-02-03. , 1936, Seite 7. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1936-02-03_007.jpg&oldid=- (Version vom 12.9.2024)