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Sonntag, 7. März 1943.     

     Endlich ist Martha so weit, daß sie mit mir zusammen wieder einmal frühstücken konnte. Es war unser feierliches u. genußreiches Sonntags=Frühstück mit einem Ei für jeden (dank der Güte von Evi Schönherr) u. Schinken (dank Fritzens Fürsorge), dazu frisch aufgeröstete Brötchen u. Bohnenkaffee, dieser ebenfalls von Fritz. Nachher lasen wir gemeinsam die Messe des heutigen Sonntages Quinquagesima, am Tische sitzend, denn mehr konnte sich M. noch nicht zumuten. –

     Am Südteil der Ostfront scheint die verbesserte Lage weiter anzuhalten, die Russen kommen nicht weiter, haben sogar im Raum Isjum-Kramatorsk zurückweichen müssen. In der Mitte im Raume von Rschew räumen wir dagegen weiter u. gehen zurück. Es braucht das aber keine Gefahr zu sein, solange die Russen nicht in Richtung Pleskau weiter kommen, u. unsere Front scheint hier zu halten. Unsere sonstige Rückwärtsbewegung bedeutet eine Frontverkürzung, die Stärkung bedeutet.

     In der Marineleitung sind sehr einschneidende Aenderungen vorgenommen. Auf Vorschlag von Generaladmiral Dönitz sind fünf oder sechs Großadmirale u. höchste Kommandoführer entlassen worden. Ich kann mir diese Maßnahme nur damit erklären, daß Dönitz, der ja in seiner neuen Stellung als Höchstkommandierender der ganzen Marine das Kommando der U=Boote beibehalten hat, die Absicht hat, alle Schlachtschiffe u. Kreuzer stillzulegen, um Mannschaften u. Offiziere, auf U=Boote umzuschulen. Dieser Gedanke ist wohl richtig, denn was tun wir schon mit unseren paar Schlachtschiffen u. Kreuzern. Bei einem Angriff der Engländer auf Nord=Norwegen, der nun wohl bald zu erwarten ist, werden diese Schiffe in kürzester Zeit so wie so erledigt sein, u. mit ihnen die Besatzungen, während diese auf U=Booten nützlicher verwendet werden können. Aber andererseits erkennt man daran auch, daß man nicht mehr weiß, wo man die Besatzungen für neue U=Boote hernehmen soll. Man kann daraus schließen, daß unsere Verluste in dieser Waffe, die ja niemals bekannt gegeben werden, recht beträchtlich sein müssen, sodaß der normale Ersatz aus jungen Mannschaften nicht mehr ausreicht. Man muß also bereits vom Kapital leben, weil Reserven nicht mehr genügend vorhanden sind.

     Inzwischen hat Finnland begonnen, ein recht unsicherer Faktor zu werden. Der Präsident Ryti ist zwar in Neuwahl wieder gewählt worden, fast einstimmig, aber es ist ihm dann schwer geworden, eine neue Regierung zu bilden. In letzter Zeit haben Regierungsmitglieder mehrfach Reden gehalten, in denen gesagt wurde, daß der Friede mit Rußland eine rein finnische Frage sei, d.h. also, daß die Finnen bereit seien, Frieden zu schließen auch ohne uns, wenn Rußland bereit sei, annehmbare Friedensbedingungen zu stellen. Es scheint, als wollten sie einen Separatfrieden machen, ehe die Engländer

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Hans Brass: TBHB 1943-03-07. , 1943, Seite 001. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1943-03-07_001.jpg&oldid=- (Version vom 26.4.2024)