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Sonntag Laetare, 4. 4. 43.     

     Heute ist Konfirmation unserer Jugend in Prerow. Im vorigen Jahre sind die Kinder konfirmiert worden fast ohne jegliche religiöse Unterweisung vorher. In diesem Jahre scheint sich der alte Pastor Kumpf, der seit einem Jahre hier wohnt, der Kinder etwas angenommen zu haben, wenigstens sagt das Kurti Spangenberg, der Sohn des Fuhrmanns, der ebenfalls heute konfirmiert wird. Martha hat ihm gestern etwas auf den Zahn gefühlt, hat aber feststellen müssen, daß der Junge vom Sinn der Konfirmation nicht eben viel erfaßt hat. Er konnte nicht einmal das Glaubensbekenntnis lückenlos aufsagen. Dafür aber wird in der Familie des Fuhrmanns seit Tagen Kuchen gebacken mit unwahrscheinlich viel Eiern ud Butter u. heute Nachmittag ist große Kaffeegesellschaft, – Kurti hat von zwanzig Gästen erzählt. Martha wird auch eine Stunde lang hingehen, – ich drücke mich. –

     Politisch herrscht eine drückende Stille. Man denkt am ganzen Tag nichts anderes, als an den Krieg, doch es geschieht nichts. Im Osten sitzt wohl alles im Schlammn fest, in Afrika scheint man erst wieder Fühlung zu nehmen, nachdem Rommel Gabes geräumt u. neue Stellungen bezogen hat. Der König von Bulgarien war beim Führer im Hauptquartier u. man kann annehmen, daß die Offensive gegen Griechenland nun wohl bald los gehen wird u. daß dann auch Bulgarien in den Krieg einbezogen wird.

     Es ist unfreundliches Wetter, die Arbeit im Garten, die in diesem Jahre bei dem schönen Märzwetter schon weit gediehen ist, muß wieder unterbrochen werden.

Donnerstag, 8. Apr. 1943.     

     Kaltes, stürmisches Wetter, gestern Schnee bei Ostwind, heute Nord-West, aber trocken. Bereitete gestern trotz des Wetters Stiefmütterchenbeet vor, weil ich Planzen bekommen sollte, aber sie kamen nicht. Sonst läßt sich im Garten nichts tun. Ich warte auf Stauden für den Steingarten, die ich von Hinrichs aus Kröpelin bekommen soll.

     Nach dem Heeresbericht haben die Amerikaner ihre Offensive gegen Rommels neue Stellungen nördlich Gabes wieder aufgenommen. Es ist nie zugegeben worden, daß Rommel seine Stellungen südlich Gabes aufgegeben hat, – plötzlich ist jetzt von nördlich Gabes die Rede. Auch diese Stellung wird Rommel nicht halten können, – dieser arme, tüchtige General sitzt da furchtbar in der Klemme, ohne Bewegungsmöglichkeit, – es ist nur noch eine Belagerung. Erstaunlich ist, wie diese Amerikaner, die doch sonst kaum eine nennenswerte Armee haben, in kurzer Zeit Millionenarmeen aufstellen können, man begreift nicht, woher sie plötzlich die vielen Offiziere haben, die sie dazu brauchen. Natürlich fehlt ihnen die Kriegserfahrung u. ein deutscher Soldat ist so viel wert wie fünf Amerikaner, aber das Wesentliche ist eben, daß sie in der Lage sind, diesem einen deutschen Soldaten fünf amerikanischen entgegenzustellen. –

     Die Engländer verwenden ihre Mußestunden, um Städte wie Paris, Rotterdam u. Amsterdam zu bombardieren. Paris haben sie am letzten Sonntag am hellen Tage bombardiert u. den Rennplatz Longchamps getroffen, wo eben ein Rennen stattfand, sowie einen anderen Sportplatz, wo grade eine Volksversammlung stattfand. Mehrere Hundert Tote sind die Opfer. In Rotterdam (oder Amsterdam ?) haben sie eine Volksschule getroffen, wobei 180 Kinder ums Leben gekommen

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Hans Brass: TBHB 1943-04-04. , 1943, Seite 001. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1943-04-04_001.jpg&oldid=- (Version vom 27.4.2024)