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Seite:HansBrassTagebuch 1944-06-06 001.jpg

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Schrecken u. Furcht bis zur Verzweiflung. Es ist also wahrscheinlich, daß der hl. Vater diese Propagandisten gemeint hat. Er erkannte weiterhin an, daß in letzter Zeit Bombenangriffe auf Rom nicht mehr vorgekommen seien, wie es früher geschah u. er hoffe, daß Rom das Schicksal erspart bliebe, Kampfplatz zu werden. Auch das scheint sich wohl zu erfüllen.

     Wenn die Alliierten jetzt auf der Höhe sind u. scharf nachstoßen, d.h. wenn sie an der französisch-italienischen Grenze stärkere Verbände von Fallschirmtruppen landen, dann werden sie uns zwingen, Verstärkungen nach Südfrankreich zu bringen, denn zusammen mit der Maqui-Bewegung in Südfrankreich wird das eine ungeheure Bedrohung bedeuten. Diese Verstärkungen können aber nur aus Frankreich selbst genommen werden, was eine Schwächung am Atlantik bedeuten muß. Das ist dann endlich der Augenblick für die Invasion. – Fritz schreibt übrigend, daß in Frankreich keiner mehr an die Invasion glaubt. Solche Leute gibt es auch bei uns in Deutschland, – aber man wird sich wundern!

Dienstag, 6. Juni 1944.     

     Rom ist Sonntag abend von den Alliierten eingenommen worden, heute stehen sie bereits weit nördlich dieser Stadt. Unser Rückzug scheint überaus verlustreich zu sein.

     Die zweite Sensation: heute früh 6 Uhr hat endlich die Invasion begonnen. An mindestens zwei Stellen der Normandie sind Engländer, Kanadier u. Amerikaner gelandet mit annähernd 4000 Schiffen u. weiteren 4000 kleineren Fahrzeugen. Erhebliche Fallschirm=Truppenverbände sind im Raume hinter dem Atlantikwall gelandet. Während der Nacht u. während der Landung, haben 11000 Flugzeuge unsere Küstenbefestigungen bekämpft. Es wurden mehrere Täuschungsmanöver durchgeführt. Mehrere unserer Küstenbatterien sind zum Schweigen gebracht. Seit heute früh ist in Deutschland der gesamte Fernsprechverkehr für Civil gesperrt. Der Rundfunk heute früh 9 Uhr wußte von all dem noch nichts. –

Abends

     Mittags 1 Uhr hat der deutsche Rundfunk endlich die Tatsache der Landung bekannt gegeben. Ort der Landung ist die Seinebucht, in der Stadt Caen wird gekämpft. Damit erklärt sich, warum die Engländer u. Amerikaner in den letzten Tagen Angriffe auf die Seinebrücken ausführten, die wohl ziemlich alle zerstört worden sind, sodaß es jetzt schwierig ist, rasch Truppen an die Landungsstelle zu bringen. Es heißt, daß die Engländer selbst sich diese Landung viel schwerer vorgestellt hatten, als sie tatsächlich war. Sie sprechen von neuen Geheimwaffen, die sie bei der Bekämpfung unserer Küstenverteidigung angewendet hätten u. die überaus wirksam gewesen wären, sodaß viele Batterien zum Schweigen gebracht worden seien. – Nun ist bei uns seit fast Jahresfrist von amtlichen Stellen u. von Hitler selbst von einer Geheimwaffe die Rede gewesen, welche Vergeltung üben sollte für die Bombardierung unserer Städte u. welche so vernichtend sein sollte, daß dadurch eine Wendung des Krieges eintreten sollte. Diese berühmte Vergeltungswaffe ist aber bis jetzt noch nie in Aktion getreten. Um das wartende Volk zu beruhigen, wurde dann das Gerücht ausgestreut, sie würde erst in Aktion treten, wenn die Invasion begönne u. sie würde dann um so vernichtender sein; aber auch jetzt, wo es doch soweit ist, hat man noch nichts davon gehört. Sie scheint genauso Bluff zu sein wie

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Hans Brass: TBHB 1944-06-04. , 1944, Seite 003. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1944-06-06_001.jpg&oldid=- (Version vom 9.6.2024)