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Seite:HansBrassTagebuch 1945-01-13 001.jpg

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ich ihren beiden Jungens von 7 u. 8 Jahren Religionsunterricht geben möchte. Der Ehemann ist Protestant u., so viel ich weiß, bei der SS. Ich habe mir von Frau S. ausdrücklich bestätigen lassen, daß der Mann damit einverstanden ist. Da ich vom Pfarrer jetzt beauftragt bin, Religionsunterricht zu erteilen, werde ich es auch tun, jedoch nur an katholische Kinder.

Sonnabend, 13. Jan. 1945.     

     Es ist wieder klares Wetter geworden bei leichtem Frost. Gestern Abend Erich Seeberg. – Montgommery hat eine Darstellung unserer Offensive gegeben, nach welcher diese Sache für die Angloamerikaner zunächst doch recht böse ausgesehen hat. – In der Tat sind die Ziele v. Rundstedts ja auch sehr weit gespannt gewesen, was schon aus seinem Tagesbefehl hervorging, in dem er zu den Soldaten sagte, es ginge aufs Ganze. Goebbels ist freilich in seiner Propaganda sehr vorsichtig gewesen, um im Falle des Mißlingens einen allzu heftigen Rückschlag zu vermeiden; deshalb hat er in seiner Sylvesterrede als Ziel dieser Offensive lediglich die Befreiung des deutschen Bodens vom Feinde angegeben. Aber auch dieses Mindestziel ist nicht erreicht worden, Aachen ist nach wie vor in der Hand des Gegners. In der Propaganda für das Ausland u. für die Soldaten ist man freilich mutiger gewesen. Nachdem die Offensive begonnen hatte, sind mehrere Tage hindurch all 10 Minuten kurze Nachrichten an die Bevölkerung Belgiens u. Nordfrankreichs gegeben worden, des Inhaltes, daß die Bewohner ihre Wohnsitze verlassen sollten, weil ihre Gegenden wieder Kriegsschauplatz werden würden. In der Gegend westlich Brüssel würde eine große Schlacht stattfinden usw. – Unter den Soldaten wurde der Fall von Lüttich als Tatsache verbreitet. Auch unter den Soldaten unserer Batterie hier wurde erzählt, daß die Amerikaner Aachen geräumt hätten. Den Soldaten an der Front wurde gesagt, daß bis nach Cherbourg durchgestoßen werden sollte, die ersten Ziele sollten Brüssel u. Antwerpen sein, sowie Metz u. Verdun, in den ersten Tagen des Januar sollte Paris wieder in unserem Besitz sein. – Nun, aus alldem ist nichts geworden. Heute, nach knapp 4 Wochen, ist die ganze Sache als endgültig gescheitert anzusehen u. im Heeresbericht wird nicht mehr von Angriff, sondern von der Abwehr der feindl. Gegenangriffe gesprochen. Es scheint aber, als ob auch diese keinen großen Erfolg hätten, aber vielleicht immerhin den, daß es v. Rundstedt gelingen mag, die Restverbände der eingesetzt gewesenen etwa 30 Divisionen zurückzuziehen. Die ganze Geschichte wird uns aber eine gewaltige Menge an Material u. an Menschenleben gekostet haben, von der Siegeszuversicht u. der Kampfmoral ganz zu schweigen. Vor allem hat die Bevölkerung im rückwärtigen Gebiet durch diese Offensive neue Not auf sich nehmen müssen, denn es ist klar, daß v. Rundstedt sämtliche noch vorhandenen Verkehrseinrichtungen für seine Truppen gebraucht hat, sodaß für die Zivilbevölkerung jeglicher Verkehr unterbunden worden ist. Die Zufuhr an Lebensmitteln u. Kohlen, die ohnedies ungenügend ist, ist gänzlich eingestellt worden, ebenso der Abtransport der ausgebombten Bevölkerung in den Städten hinter der Front. Sie müssen entsetzlich leiden! –

     In Ungarn ist uns ein Entsatz von Budapest, der mit starken Kräften versucht worden ist, ebenfalls nicht gelungen. Es scheint, als ginges es dort jetzt um das

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Hans Brass: TBHB 1945-01-12. , 1945, Seite 002. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1945-01-13_001.jpg&oldid=- (Version vom 3.9.2024)