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Seite:HansBrassTagebuch 1945-01-17 001.jpg

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u. fuhr bald nach 2 Uhr wieder zurück.

     An der Ostfront ist nun die große Schlacht entbrannt. Vier Schlachten werden aufeinmal dort geschlagen. Im Süden um Budapest, sodann bei Kaschau um den Einbruch in die Slowakei, dann die Schlacht mit dem Ziel Krakau u. Oberschlesien u. schließlich nördlich Warschau bis zur Memel. Es ist wohl die größte Kampfhandlung aller Zeiten, ihr Ausgang, der nicht zweifelhaft sein kann, wird die Entscheidung dieses Krieges bringen.

Mittwoch, 17. Jan. 1945.     

     Noch eine fünfte Schlacht ist im Osten entbrannt: südlich Warschau sind die Russen seit gestern ebenfalls zum Angriff angetreten. Sie haben die Weichsel überschritten u. haben bereits Radom genommen. Von der Schlacht nördlich Warschau entlang der ostpr. Grenze bis Memel sprechen die Russen übrigens selbst noch nicht. – So wird nun also an der ganzen Ostfront gekämpft. – Aber auch im Westen hat eine neue Offensive begonnen. Gestern war in der DAZ noch zu lesen, daß es ein besonders großer Erfolg der Rundstedt-Offensive sei, die Offensivabsichten der Angoamerikaner endgültig zerschlagen zu haben, sodaß sie ihre Absicht mit den Russen gemeinsam zuzuschlagen, nicht verwirklichen können, da wurde am Abend schon bekannt, daß die Engländer trotz der Rundstedt-Offensive eine neue Offensive im südlichen Holland an der Maas begonnen hätten. Wenn man dazu die noch immer starken Kämpfe im Einbruchsraum der Rundstedt-Offensive beachtet u. dann die sehr heftigen Kämpfe in Elsaß-Lothringen, dann ergibt sich, daß nun an allen Teilen der Front mit Ausnahme von Italien der große Sturm eingesetzt hat. Die Entscheidung wird plötzlich da sein, denn ein Widerstand ist undenkbar. Wir werden ja wohl aus Italien alles Entbehrliche abziehen, bis wir auch dort so schwach sein werden, daß auch diese Front zum Erliegen kommt.

Donnerstag 18. Jan. 1945.     

     Gestern abend zu unserer großen Freude wieder Nachricht von Fritz vom 6. u. 7. Januar. Außerdem kam von ihm ein Expreßgut mit Konserven u. zwei Päckchen mit Büchern aus dem Alsatiaverlag. – Er teilt uns mit, daß er am 5. Jan. wieder von vorne aus der Stellung zurückgekommen ist. Gott sei Dank! Er war sechs Tage dort unrasiert u. ungewaschen, aber doch zufrieden u. glücklich, diese Zeit gut überstanden zu haben. Es scheint auch nicht allzu schlimm gewesen zu sein, denn er berichtet von nur neun Verwundeten, die es in dieser Zeit gegeben hat u. denen er erste Hilfe leisten mußte. Zwei davon sind gestorben. – Er ist nun wieder in Kolmar. Am 6. Jan. sei alles zurückgezogen worden u. das Regiment soll nun doch aufgelöst werden, sie sitzen in Kolmar u. warten, was werden soll. Feldw. Stegmiller hat meinen Brief erhalten u. hat sich gefreut. – Fr. berichtet von den zerstörten Ortschaften, die ein grauenhaftes Bild bieten. Die Jagdbomber richten die meiste Zerstörung an. In den noch unversehrten Kellern findet man oft noch große Fässer mit Wein. Es wird da viel getrunken, herrenloses Vieh wird geschlachtet, die Soldaten bereichern sich am

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Hans Brass: TBHB 1945-01-16. , 1945, Seite 003. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1945-01-17_001.jpg&oldid=- (Version vom 13.8.2024)