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Seite:HansBrassTagebuch 1945-02-01 001.jpg

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dorthin geflohen war, wieder nach Bln. zurückgeflüchtet. Sie hat 52 Stunden für diese Reise gebraucht. Es ist nun die Idee aufgetaucht, diese Schwester zusammen mit Eva hierher kommen zu lassen. Eva sollte ja ihr Kind in einem Krankenhause in der Nähe von Stettin bekommen, woran nun nicht mehr zu denken ist, nachdem die Russen bereits 90 km. vor Stettin u. 80 km. vor Frankfurt stehen. Sie kann das Kind ja auch hier bekommen, obgleich das nicht sehr angenehm ist. Man müßte die beiden dann hier irgendwie unterbringen. Paul telephonierte deshalb heute früh mit Eva. Die Schwierigkeit der Reise ist freilich sehr groß, es fragt sich, ob sie die Reiseerlaubnis überhaupt bekommen. –

     Gestern schrieb ich an Else, – möglichst vorsichtig. – Von Ruth kam gestern ebenfalls gute Nachricht.

Donnerstag, 1 Februar 1945.     

     Gestern Abend war wieder starke Beteiligung am Vortrag, es waren wieder einige Neue da. Obgleich das Thema: Priesterweihe u. Ehe, nicht gerade Gelegenheit gab zu besonders interessanten Betrachtungen, war doch das Interesse bei allen Hörerinnen überraschend groß, sodaß sie nachher garnicht wieder weggehen wollten. Besonders Frau Lucke, die Tochter von Pastor Loeber u. junge Witwe eines gefallenen protestant. Pastors war überaus interessiert.

     Heute wieder Nachricht von Fritz, Brief Nr. 2. v. 12.1. Demnach liegt er am Kaisersberg, zwar vorn, aber doch in Ruhe. Sie warten auf ein Marschbataillon aus der Heimat zur Auffüllung. An Urlaub ist nicht zu denken.

     Frau Dr. Scheid scheint nun Marianne Clemens doch überredet zu haben. Hoffentlich wird es nicht ihr Unglück. –

     Von Eva bekam ich zwei Karten als Brief u. Antwort auf meinen Brief. Sie gibt wenigstens insofern Aufklärung über den Mann, als sie schreibt, daß er Naturwissenschaftler ist, ein Mann von scharfem Verstand, aber auch Träumer.

     Heute ist Südwind, Tauwetter, Regen, furchtbarer Matsch. Schnee vom Dach der Bu Stu. geschippt, die im übrigen schwimmt.

     Die Russen stehen 35 km. vor Frankfurt, nördlich davon u. nördlich Küstrin sollen sie die Oder erreicht haben im Vormarsch auf Stettin. Ein Widerstand östlich der Oder scheint nun nicht mehr möglich.

     Heute wieder die 3 Jungens zum Religionsunterricht.

Freitag, 2. Febr. 1945.     

     Gestern erhielt ich noch von Fritz ein schönes Buch gesandt: „Die Kölner Bibel“, aus dem Piper-Verlag. Er hatte es bei einem Besuch im Alsatia-Verlag in Kolmar aufgetrieben. Abends riß im Radio die Schnur, welche die Einstellung bewirkt. Paul u. ich nahmen den Apparat auseinander u. es gelang uns, den Schaden durch Einsetzung eines Zirnfadens zu beheben. Ich fürchte freilich, daß das nicht lange halten wird. Da gegen 8 Uhr das Licht versagte u. für den Abend nicht mehr anging, hätte ich gestern abend so wie so Nachrichten nicht mehr hören können. – Am Abend verabschiedete sich noch Marianne Clemens kurz.

Empfohlene Zitierweise:
Hans Brass: TBHB 1945-01-31. , 1945, Seite 003. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1945-02-01_001.jpg&oldid=- (Version vom 14.8.2024)