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Seite:HansBrassTagebuch 1945-02-12 002.jpg

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daß Stalin sich nur allzugern hat besiegen lassen, um auf diese Weise mit gutem Gesicht von seinem eigenen Bolschewismus loszukommen. Schließlich ist dieser Bolschewik ja inzwischen 30 Jahre älter geworden u. er mag eingesehen haben, daß der Bolschewismus seiner Jugendjahre kein sehr großes Glück für ein Volk bedeutet. Vor 30 Jahren mag diesem hinterweltlerischen Georgier der Bolschewismus eine sehr große Idee gewesen sein, – aber heute, von Moskau aus gesehen, wird auch bei ihm eine vernünftigere Ansicht durchgedrungen sein. –

     So weit ich es behalten habe, hat sich die Konferenz mit vier großen Gesichtspunkten befaßt: 1) die Niederwerfung Deutschlands – 2) die militär=politischen Maßnahmen nach der Niederwerfung – 3) die politische Konsolidierung des Friedens – 4) die wirtschafts=polit. Maßnahmen zur Erhaltung des Friedens. –

     Zu 1 wurde gesagt, daß die militärischen Pläne u. Beschlüsse gefaßt worden seien, Deutschland mit entscheidenden Schlägen vom Westen, Osten, Süden u. Norden im Kern zu treffen u. seinen Widerstand zu vernichten. – Man hat also doch noch eine Landung in Dänemark im Auge.

     Zu 2) Es wurden die Besetzungszonen festgelegt, aber nichts Näheres darüber gesagt, nur so viel, daß auch Frankreich sich an der Besetzung eines Teiles von Deutschland beteiligen solle. Diese Besatzungstruppen sollen aber unter einem einheitlichen Kommando stehen, welches von einer interalliierten Kommission ausgeübt wird, die ihren Sitz in Berlin haben wird. Es wird also nicht möglich sein, daß die Russen nach anderen Grundsätzen verfahren, wie die Engländer u. Amerikaner. Die Vorschriften u. Verfügungen werden von dieser interalliierten Kommission ausgegeben werden u. müssen also dem entsprechen, was Eisenhower bereits früher bekannt gegeben hat u. was jetzt bereits in den von Engländern u. Amerikanern besetzten Teilen Deutschlands gilt.

     Zu 3) Kriegsverbrecher werden vor Gericht gestellt, alle Nazi=Gesetze werden aufgehoben, die Partei u. ihre Organisationen werden beseitigt. Dies gilt auch für den sog. deutschen Militarismus, der ebenso vernichtet werden soll. Alle Rüstungswerke werden vernichtet. Es bleibt jeder kriegführenden Macht vorbehalten, Sachentschädigungen von Deutschland zu fordern für verwüstete Gebiete. Eine Kommission zur Bearbeitung dieser Fragen wird eingesetzt werden u. in Moskau ihren Sitz haben. Von einer Kriegsentschädigung in Geld war nicht die Rede, nur in Sachwerten, u. der Sitz dieser Kommission in Moskau weist darauf hin, daß diese Forderungen hauptsächlich von Rußland u. Polen erhoben werden. Zwar ist es nicht gesagt worden, aber man kann wohl annehmen, daß diese Sachwerte auch in Arbeit bestehen werden. Auf dem Weltkongreß der internat. Gewerkschaften, der z. Zt. in London tagt, ist aber gesagt worden, daß England u. Amerika solche Arbeitsleistungen nicht fordern würden u. wenn sie von anderen Ländern gefordert werden würden, dann würden die Gewerkschaften dafür sorgen, daß diese Arbeiter nicht als Sklaven behandelt werden würden. Daraus läßt sich schließen, daß keine Zwangsarbeit verhängt werden wird, vor allem keine Zwangsdeportation, sondern Werbung Freiwilliger, die sich sicher nach dem Kriege in großer Zahl finden werden. – Ueber Rußland =

Empfohlene Zitierweise:
Hans Brass: TBHB 1945-02-13. , 1945, Seite 002. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1945-02-12_002.jpg&oldid=- (Version vom 3.9.2024)