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Seite:HansBrassTagebuch 1945-02-18 001.jpg

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schickt er schon zum zweiten Male. Alle drei Bücher sind für mich als Weihnachtsgeschenk gedacht gewesen, obgleich er sie erst am 23.12. abgesandt hat. Der Beweggrund dafür ist besonders nett. Er ist der irrigen Meinung, daß meine Großmutter eine elsässische Französin gewesen sei – er verwechselt es mit Luxemburg, – u. das ist ihm Anlaß, die Gegend dort mit besonderem Interesse zu betrachten u. mir diese elsäss. Bilderhandschrift zu schenken. -

     Gestern Abend wie jeden Freitag Erich Seeberg u. nach ihm Frau Partikel, die aus Königsberg hier eingetroffen ist u. von ihrer mühseligen Flucht zu Schiff bis Swinemünde, per Bahn nach Rostock u. dann hierher erzählte. Auch ihr Mann wird bald hier eintreffen, der mit einem anderen Maler zusammen auf dem Fahrrad hierher unterwegs ist. Von ihr hörte ich auch, daß Prof. Marks – Althagen letzthin in Putnitz zur Ausbildung als Volkssturmmann gewesen ist. – Sonst aber war Frau P. entsetzlich langweilig wie immer u. ich atmete erleichtert auf, als sie uns um 11 Uhr verließ.

     Breslau soll nun ganz eingeschlossen sein. In Niederschlesien haben die Russen die Neiße erreicht u. sind in die Lausitz eingedrungen.

1. Fastensonntag, 18. Febr. 1945.     

     Gestern Abend bei Ziels, kamen erst um 12 Uhr wieder nachhause. Nach anfänglich schwerfälliger Fühlungnahme mit ihm leitete er schließlich das Gespräch auf Religion u. Katholizismus. Ich wußte ja, daß er schon lange aus der evang. Kirche ausgetreten war u. ich glaubte, er sei religiös völlig uninteressiert. Dies hatte mir auch Erich Seeberg, mit dem er seit Jahren verkehrt, bestätigt. Es ergab sich, daß dies nicht stimmt. Zwar hat er für die evang. Kirche nichts wie Ablehnung, aber er erzählte von einer Italienreise, auf der er St. Peter u. viele andere Kirchen gesehen u. auch Gottesdienste miterlebt hatte u. daß er dort so viel begriffen hätte, daß die kathol. Kirche für ihn ein – wenn auch unerfüllbarer – Wunschtraum sei. Er meinte, daß er durch die 65 Jahre seines Lebens, wie es nun einmal in der Juristerei geworden sei, zu sehr auf den Intellekt festgelegt sei u. das nun nicht mehr ändern könne, daß aber dennoch ein starkes Interesse für die kathol. Kirche in ihm sei, – aber eben nur als „unerfüllbarer Wunschtraum“, – d.h. also als geheime Sehnsucht. Es ist immerhin ein Eingeständnis, daß der Intellektualismus eine Lücke in seinem Herzen gelassen hat, die er wohl gern ausfüllen möchte, aber nicht glaubt, ausfüllen zu können. – Ich erwiderte ihm, daß das ein Irrtum sei, da der Intellekt sehr gut u. ungestört neben dem Glauben existieren könne, wenn man nur die Demut aufbringen könne, den Intellekt zur rechten Zeit in die Ecke zu weisen: „In die Ecke Pudel!“ Er gab das zu, aber er glaubt nicht, diese Demut zu besitzen. – Das war alles sehr ehrlich u. gut. – Er gab mir dann in sehr vorsichtiger u. taktvoller Form zu verstehen, daß er sehr gern meine Mittwoch-Vorträge hören würde. Darüber war ich denn doch sehr überrascht. Ich überlegte, daß er als Intellektueller mich doch sehr stören könnte; aber dann sagte ich mir, daß diese Anregung, die

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Hans Brass: TBHB 1945-02-17. , 1945, Seite 002. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1945-02-18_001.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2024)