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Seite:HansBrassTagebuch 1945-02-26 001.jpg

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Alles ist überfüllt u. der Raum ist knapp. Sein bisheriges Regiment ist nun aufgelöst worden. Der Reg=Stab u. die Stabskompanie sollen zum Volkssturm kommen, alles übrige zur 16. Inf-Division. Die San.=Staffel, mit dem Stabsarzt 9 Mann, gehören zum Regimentsstab. Wo u. wie dieser Volkssturm eingesetzt werden soll, ist noch nicht bekannt. Der Volkssturm soll ja doch eine bodenständige Einheit sein, also wird er wohl auch dort am Oberrhein bleiben.

     Auch Feldw. Stegmiller, der sich offenbar wieder angefunden hat, kommt mit zum Volkssturm. – Die Leute im Schwarzwald sind sehr freundlich. Als Fritz mit seinem Wagen auf d. Straße lag u. nicht weiter konnte, holten sie ihn in ihr Haus u. verpflegten ihn.

     Fritz schreibt, daß die Desorganisation dort einfach toll sei u. daß man sie auch nicht mehr vor der Bevölkerung verbergen könne. Alles ist vollgestopft mit Flüchtlingen, dazu militär. Einquartierungen, kein Benzin für die Autos, kein Hafer für die Pferde. Alles das sind also nicht mehr zu verbergende Zeichen beginnender Auflösung.

     Vorgestern waren nicht weniger als 6000 Flugzeuge über Deutschland u. haben hauptsächlich unsere Eisenbahnen, Brücken u. Kanäle angegriffen. Es war der größte Luftangriff dieses Krieges bisher u. man kann sich kaum vorstellen, daß die Wucht dieser Angriffe noch gesteigert werden könnte. Das deutet nun zweifellos auf den baldigen Beginn einer neuen Großoffensive aus dem Westen hin, vielleicht in Verbindung mit einer neuen Landung in Dänemark. An den Fronten sind sonst keine besonderen Veränderungen. Fast rührend ist es, daß uns die Türken gestern „zum 1. März“ den Krieg erklärt haben. –

     Gestern Abend wie gewöhnlich am Freitag Erich Seeberg. Sein Schwiegersohn, Dr. Schimpf, ist bei dem letzten schweren Luftangriff auf Dresden, der nun auch diese schöne Stadt in Trümmer gelegt hat u. der ungeheuer viele Opfer gekostet haben soll, weil die Stadt mit Flüchtlingen überfüllt war, verwundet worden. Näheres ist noch nicht bekannt. Seeberg ist nun sehr besorgt um seinen zweiten Sohn Ando, der in oder bei Graudenz ist, wo ja auch Kurt ist. –

     Abends waren wir wieder bei Frau Longard, bei der wir bei einer von uns mitgebrachten Kerze saßen. Es war ziemlich kalt u. wir saßen in Decken gehüllt. Die alte Dame erzählte wie immer sehr lebhaft von der Zeit der franz. Besetzung in Kaiserslautern u. von der damaligen kurzen Separatistenherrschaft in der Pfalz.

Montag, 26. Febr. 1945.     

     Heute beim Frühstück kam die Olga von Seebergs mit Cigarren u. bat um Eintausch derselben gegen Cigaretten. Sie erzählte dabei, daß Erich Seeberg im Sterben läge. Er habe in der Nacht wieder einen seiner Anfälle gehabt. Dr. Meyer sei dagewesen u. habe keine Hoffnung gemacht, daß er sich wieder erholen würde. Ich bin dann gleich zu Dr. Ziel gegangen, den ich auf der Straße traf. Er wußte nur aus einem kurzen Gespräch mit Frau Hörisch, der Tochter von Prof. Triebsch, daß S. in der Nacht wieder einen Anfall gehabt habe, aber das war ja schon oft vorgekommen. Dr. Ziel ging sofort

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Hans Brass: TBHB 1945-02-24. , 1945, Seite 002. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1945-02-26_001.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2024)